Globale Lebensmittelabfälle weitaus höher als angenommen:
Offener Kühlschrank rettet Lebensmittel in Vorarlberg

Die Produktion von Lebensmittelabfällen hängt mit dem Wohlstand der Konsument*innen zusammen – das stellt eine neu veröffentlichte Studie fest. Umso wichtiger ist der Einsatz gegen Lebensmittelverschwendung. Eine Erfolgsgeschichte ist der „Offene Kühlschrank“ in Vorarlberg.

Erst vor kurzem wurde in einer vom Center for International Climate and Environmental Research in Oslo veröffentlichten Studie (hier verfügbar) festgestellt, dass die globalen Lebensmittelabfälle möglicherweise doppelt so hoch sind als bisher angenommen. Während in der Literatur das Ausmaß der Lebensmittelabfälle weitgehend noch unterschätzt werde, wurden laut den Autor*innen 2011 global 727 Kcal Lebensmittelabfälle pro Tag und Kopf produziert (2005: 526 Kcal/Tag), was bereits dem Drittel der durchschnittlichen täglichen Energiezufuhr eines erwachsenen Menschen entspricht.

Betrachtet wurde dabei vor allem der bisher vernachlässigte Zusammenhang zwischen dem Wohlstand der Konsument*innen und der Produktion von Lebensmittelabfällen. Während letztere bei Personen mit niedrigem Einkommen niedrig ist, steigt sie mit wachsendem Wohlstand beträchtlich an. Nach den Schätzungen sind Pro-Kopf-Verbraucherausgaben von jährlich etwa $ 2450 bzw. täglich etwa $ 6,70 das Niveau, ab dem Lebensmittelabfälle vermehrt anfallen. Die Autor*innen empfehlen, dass ab diesem Durchschnittsniveau in einem Land die politischen Entscheidungsträger*innen beginnen sollten, den Verbraucher*innen-Lebensmittelabfällen besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Aufklärungsprogramme und Bewusstseinsbildung durchzuführen, um ihnen entgegenzuwirken, bevor sie explodieren.

„Offener Kühlschrank“ als wirksame Initiative zur Lebensmittelrettung

Angesichts dieser Untersuchungen ist es zentral, dass die Bevölkerung sich aktiv gegen Lebensmittelverschwendung engagiert. Eine gut angenommene Möglichkeit sind „Offene Kühlschränke“. In Vorarlberg gibt die Initiative „Offener Kühlschrank“ dank Projektinitiatorin Ingrid Benedikt seit Ende 2018. . Hauptbeweggrund dafür war die Tatsache, dass jährlich 11 kg Lebensmittel pro Kopf in Vorarlberg weggeschmissen werden – was einem Warenwert von 45 Millionen Euro entspricht. Gestartet wurde in Dornbirn, mittlerweile gibt es an sieben Standorten in Vorarlberg dank engagierten Teams Lebensmittelrettung, die der Allgemeinheit dient. Weitere Gemeinden werden dabei unterstützt, Offene Kühlschränke einzurichten.

Unter dem Motto „bring und nimm“ sollen Lebensmittel nicht weggeworfen sondern anderen über den Offenen Kühlschrank zugänglich gemacht werden. Lebensmittel, die jemand nicht (mehr) braucht, können in den Kühlschrank gestellt werden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum der Lebensmittel darf abgelaufen sein, sie müssen aber noch zum Verzehr geeignet sein. (Tipp: Dass das Mindesthaltbarkeitsdatum keine Aussage über die Genießbarkeit eines Produktes bedeutet, wird noch bis 5. September 2021 in der Ausstellung „Ablaufdatum“ im NHM Wien thematisiert.)

Dank dem Offenen Kühlschrank werden wöchentlich vorarlbergweit 500 bis 600kg Lebensmittel von der Bevölkerung gerettet. Der Offene Kühlschrank kooperiert mit BIOBINICH, Tischlein deck dich, Bäckereien und Geschäften. Es werden Veranstaltungen wie etwa ein Restekochkurs und Aktionen durchgeführt. Neben klassischer Lebensmittelrettung geht es im Projekt also auch um Öffentlichkeitsarbeit. Sehr wichtig ist hier der Austausch mit Schulen, um schon Kinder und Jugendliche für das Thema zu sensibilisieren.

Mehr Infos …

Wissenschaftlicher Artikel: „Consumers discard a lot more food than widely believed: Estimates of global food waste using an energy gap approach and affluence elasticity of food waste“

Infos zum Offenen Kühlschrank

Mehr über Lebensmittelrettung auf der Website von Biohof Adamah

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