Die Plastikwogen gehen hoch:
Einführung von Einwegpfand und Mehrweg wird eingehend geprüft
Vor kurzem fand ein Runder Tisch im Umweltministerium statt, bei dem die Sinnhaftigkeit der Einführung eines Einwegpfandsystems diskutiert wurde. In der Diskussion prallten stark divergierende Interessen aufeinander. Der VABÖ ist auf der Seite der ökologischen Nachhaltigkeit und spricht sich für Einwegpfand in Kombination mit Förderung von Mehrwegsystemen und somit für eine echte Kreislaufwirtschaft aus.
Die EU-Richtlinie zu Single-Use-Plastic sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff (derzeit werden in Österreich jährlich rund 1,6 Milliarden in Verkehr gesetzt) bis zum Jahr 2025 zu zumindest 77% und bis zum Jahr 2029 zu zumindest 90% getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. Aktuell beträgt die Sammelquote in Österreich jedoch erst 70%. Eine im Auftrag des BMK erstellte Studie kam zu dem Schluss, dass ein Pfand auf Einweg-Kunststoff-Getränkeflaschen in Kombination mit der Förderung von Mehrwegsystemen erfolgen muss, damit diese vorgeschriebene Quote bis 2029 erreicht wird (der VABÖ berichtete).
Einwegpfand ist gut, aber nicht ohne Mehrwegsysteme
Pfand auf Einweggebinde allein kann uns also nicht aus dem Dilemma der ständig steigenden Flut an Verpackungen hinausführen. Hier geht es einerseits nicht nur um PET-Flaschen, sondern etwa auch um Aludosen für Getränke. Andererseits braucht es eine konsequente Stärkung und Verdichtung von Mehrwegsystemen – eine zentrale Forderung des VABÖ. Diese Notwendigkeit wurde auch in der von DI Christian Pladerer (Ökologie-Institut) und em. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Vogel erstellten Studie „Mehrweg statt Müllberge“ deutlich aufgezeigt (mehr dazu in den RepaNews). Zur Förderung braucht es etwa Anreizsysteme, Pfandpflichten und Rücknahmegebot – dies ist eine klare Aufforderung an die Politik. Der momentane Mehrweganteil in Österreich liegt bei bescheidenen 18,4% – da geht also noch einiges! Im Regierungsprogramm der türkis-grünen Bundesregierung wurde vereinbart, dass verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen inklusive konkreter Ziele für den Ausbau von Mehrwegsystemen, insbesondere auch für Getränkeverpackungen, geschaffen werden sollen. Aktuelle Entwicklungen zu Mehrweg in Österreich sind auf der Website des Österreichischen Umweltzeichens zu finden und werden auch immer wieder in den VABÖ-News berichtet.
Was es nun konkret braucht, ist eine Verankerung im Abfallwirtschaftsgesetz sowie durch ministerielle Maßnahmen von u.a. folgenden für den VABÖ zentralen Punkten:
- > Einweggebinde müssen schrittweise reduziert werden, bis 2035 auf maximal 10% der insgesamt in Verkehr gebrachten Gebinde
- > Festlegung von Maßnahmen bei Nicht-Erreichung der Reduktionsziele, u.a. Umweltaufschlag auf Einweggebinde
- > Förderprogramme zur vermehrten Verwendung von Mehrwegsystemen, z.B. Normgebinde
- > Regelungen zur klaren Unterscheidbarkeit von Einweg- und Mehrweggebinden für KonsumentInnen
Eine zweifache Forderung für eine echte Kreislaufwirtschaft
Die zweifache Forderung – Einwegpfand plus Mehrweg – wird im zivilgesellschaftlichen Bereich stark unterstützt. GLOBAL 2000 bringt sich hier besonders intensiv in die Debatte ein und richtet mit der aktuell laufenden Petition „Pfand drauf!“ einen Appell an Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Kogler mit ebendieser zweifachen Forderung: der Einführung eines Einwegpfandsystem und der Erhöhung der Mehrweg-Quote auf 90% bis 2035. Die Petition kann ganz einfach online unterschrieben werden. Der Auf- und Ausbau von Mehrwegsystemen wurde von GLOBAL 2000 bereits Anfang 2019 als „Gebot der Stunde“ bezeichnet (Presseaussendung Global 2000). Lena Steger, Plastik- und Ressourcen-Expertin von Global 2000: „Alle Zeichen stehen auf ein Pfandsystem – es hat die breite Zustimmung der Bevölkerung, es ist laut einer Studie der Bundesregierung der wirkungsvollste und kostengünstigste Weg um EU-Vorgaben zu erreichen und es würde dabei helfen, den Müll in der Natur zu reduzieren.“ (Kurier-Artikel)
Die Meinungen teilen sich
Doch es gibt noch andere Meinungen – das zeigte sich von neuem bei dem vom BMK initiierten Runden Tisch Anfang Juni. Die Wirtschaftskammer und der österreichische Handelsverband sprachen sich dezidiert gegen die Einführung eines Einwegpfands aus (zur Presseaussendung des Handelsverbandes). Die Gründe (etwa Kosten, die KonsumentInnen seien dagegen) bleiben jedoch fadenscheinig und sind zum Teil auch widerlegbar: GLOBAL 2000 zeigte etwa mit einer Umfrage, dass sich 83% der ÖsterreicherInnen ein Pfandsystem wünschen. Aus Sicht der Verpackungs- und Recyclingindustrie wiederum ist Müll Rohstoff; Vermeidung bleibt nachrangig und schadet dem Geschäft. Dementsprechend ist auch der bereits im Vorfeld des Runden Tisches stattfindende Schlagabtausch von GLOBAL 2000 mit der ARA – Altstoff Recycling Austria – zu sehen. GLOBAL 2000 zeigt in der Publikation „Die Plastikverschmutzungslobby“, dass die von der „Plastiklobby“ beschworenen Nachteile eines Pfandsystems rein privatwirtschaftlicher Natur sind. Deshalb stelle sich eine ganze Koalition von Unternehmen gegen die ökologischen Verbesserungen – mit zum Teil falschen Behauptungen, denen von GLOBAL 2000 gründlich auch auf den Zahn gefühlt wird.
Es gibt allerdings auch Wirtschaftsunternehmen, die dem Einwegpfand durchaus positiv gegenüberstehen, unter anderem die Firma Interseroh. Um diesen Firmen eine Plattform zu geben, wurde im Jänner die Firma ÖPG Pfandsystemgesellschaft m.b.H. gegründet (zur Presseaussendung). Das Ziel: internationale Erfahrungen in die Diskussion um die Gestaltung, die Umsetzung und den Betrieb eines zukünftigen österreichischen Pfandsystems einfließen zu lassen. Nicht zuletzt bieten Hersteller und der Handel bereits jetzt immer mehr Getränke in Mehrweggebinden an (etwa Berglandmilch, ja!natürlich, Vöslauer, Egger und viele mehr).
Nun liegt der Ball also bei der Politik und diese betrachtet nun die bestehenden Optionen. „Auch den Stakeholder-Dialog zu Plastik-Verpackungen werden wir wieder aufnehmen um Kreislaufwirtschaft als Ganzes zu betrachten. Schon im Juni wird es dazu weitere Gespräche geben. Wir wollen rasch alle Entscheidungsgrundlagen vorliegen haben“, sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nach dem Runden Tisch. Die Handlungsoptionen sollen bis Herbst ausgearbeitet werden (zur Presseaussendung des BMK).
Aus Sicht des VABÖ scheint es aktuell demnach nicht mehr um das „ob“ sondern nur noch um das „wie“ beim Einwegpfand zu gehen. Die Stärkung von Mehrweg hingegen ist zwar – wenn auch nur vage – im Regierungsprogramm enthalten, aber fix ist nichts. Es bleibt zu hoffen dass es hier keinen politischen Kuhhandel geben wird nach dem Motto: „Einwegpfand ja, aber dafür keine verpflichtenden Mehrweg-Maßnahmen“. Der VABÖ wird diesen Prozess beobachten, sich dort wo es möglich ist darin einbringen und Sie über Neuigkeiten informieren.
Mehr Infos …
Zur Petition „Pfand drauf!“ von Global 2000
Global 2000: Infos zu Pfand in Österreich
Global 2000: „Die Plastikverschmutzungslobby“
kurier.at: Breite Mehrheit für Pfand auf Einweg-Plastikflaschen
Österreichisches Umweltzeichens: Mehrwegsysteme für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft
Presseaussendung ÖPG: Gründung der ÖPG Pfandsystemgesellschaft m.b.H.
RepaNews: Österreich braucht mehr Mehrweg im Handel!
VABÖ-News: Es führt kein Weg an Einwegpfand und Mehrwegsystemen vorbei
VABÖ-News: Mehrheit der ÖsterreicherInnen wollen Pfand auf Einwegflaschen und Dosen
VABÖ-News: Schottland will Littering mit Verpackungspfand bekämpfen
VABÖ-News: Umweltverband Vorarlberg: Mit Pfand gegen Littering
VABÖ-News: Mehr Pfand, weniger Plastikverschmutzung
VABÖ-News: Grüne verlangen erneut Pfandsystem für alle Getränkeverpackungen