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BMK-Studie löst hitzige Debatte aus:
Es führt kein Weg an Einwegpfand und Mehrwegsystemen vorbei

Zurzeit wird heiß über Einwegpfand und Mehrwegsysteme diskutiert. Heute stellen wir Ihnen eine zentrale Studie vor, die deutlich zeigt, dass das bestehende Sammelsystem in Österreich die angeforderten Quoten nicht erreichen wird. Wir brauchen also Einwegpfand und die unbedingte Förderung von Mehrwegsystemen.

Im Jänner erschien die lange erwartete Studie „Möglichkeiten zur Umsetzung der EU-Vorgaben betreffend Getränkegebinde, Pfandsysteme und Mehrweg“. Sie wurde im Auftrag des Klimaschutzministeriums von AutorInnen des Technischen Büros Hauer Umweltwirtschaft GmbH, des Instituts für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien und des Lehrstuhls für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft der Montanuniversität Leoben durchgeführt.

Grund für die Durchführung der Studie sind diverse EU-Vorgaben, etwa die Recyclingquote im EU Circular Economy Package, sowie auch die Single-Use-Plastics-Richtlinie, die ambitionierte Vorgaben zu Sammelquote und Rezyklat-Anteil in der Produktion macht. In der Studie werden nun mehrere Szenarien untersucht, wie diese Quoten erreicht werden können.

Aktuelle Sammelquote in Österreich

Aktuell liegt die Sammelquote (von Einweggetränkeverpackungen) in Österreich bei ca. 70%. Bis zum Jahr 2025 muss diese auf 77%, bis zum Jahr 2029 auf über 90% gesteigert werden. Hier ist bisher noch offen, ob Gebinde, die aus dem gemischten Siedlungsabfall (=Restmüll) aussortiert werden, der Quote zugerechnet werden können. Wäre dies der Fall, würde es jedoch der eigentlichen Zielvorgabe der Richtlinie, nämlich der Vermeidung von Littering, nicht weiter entgegenkommen; zudem wäre dies die bei weitem kostenintensivste Variante.

Durch Intensivierung bzw. Optimierung des bestehenden Sammelsystems können in Österreich ca. 80% Sammelquote erreicht werden. Doch dann fehlen mindestens noch 10%, um die bis 2029 erforderliche Quote zu erreichen. Was bleibt also zu tun?

Pfandsysteme auf Einweg und Mehrweg sind nötig – Politik am Zug

Um diese Frage zu beantworten, führen die AutorInnen der Studie eine umfassende Szenarioanalyse durch. Dabei werden die erreichbaren Mengen, Kosten, Umweltauswirkungen, Qualität der Sammelware und einiges mehr untersucht. Mit dem Ergebnis: Ohne Pfand auf Einweg und Förderung von Mehrwegsystemen wird Österreich die EU-Vorgaben nicht erfüllen können. Es führt also kein Weg daran vorbei. Die konkreten Forderungen der ExpertInnen lauten:

  • > Einführung eines Einweg-Pfands mit 0,3 € pro Stück auf alle Getränkeverpackungen aus Kunststoff und Metall
  • > Beobachtung der Getränkeverpackungen aus Glas und Verbundkartons
  • > Abgeltung der Kosten an den Handel
  • > Aufbau einer „Zentralen Stelle“ zur Abwicklung der verschiedenen Ströme (Daten, Geld, Material)
  • > Maßnahmen zur Steigerung der Verwendung von ökologisch noch besseren Mehrweg-Getränkeverpackungen

Zudem ist Einwegpfand die ökonomisch und ökologisch beste Variante, um die Recyclingquoten zu erreichen. Demnach ist nun die Politik am Zug. Bereits im Vorfeld der Studie wurde vereinbart, dass die Ergebnisse von allen Stakeholdern anerkannt und als Handlungsempfehlung für die politischen Entscheidungen akzeptiert werden. Präsident der ARGE Österreichischer Abfallwirtschaftsverbände (AWV) Anton Kasser: „Die eindeutigen Ergebnisse der Pfandstudie liegen auf dem Tisch. Wir fordern eine umgehende und zügige Umsetzung im Sinne unserer Umwelt ein. Die Bevölkerung ist zu 61% für ein solches Einweg-Pfand.“ (siehe Presseaussendung) Wir wollen hier ergänzen, dass besonders auch auf den letzten Punkt, die Förderung von Mehrwegsystemen, ein Schwerpunkt gelegt werden sollte.

Das Klimaschutzministerium wird übrigens einen Runden Tisch mit den VertreterInnen der Wirtschaft, der Interessenvertretungen und weiteren AkteurInnen einberufen, um die Handlungsoptionen zur Erreichung der Sammelquoten, zu denen Österreich verpflichtet ist, auf Basis der wissenschaftlichen Ergebnisse mit allen Stakeholdern zu analysieren.

Hitzige Debatten und eine Firmengründung

Die Pfanddebatte wird zurzeit sehr hitzig geführt. Während Umweltorganisationen wie Greenpeace (Presseaussendung) oder GLOBAL 2000 (Presseaussendung) die Ergebnisse begrüßen und politische Schritte fordern, zeigen sich etwa die ARA und die WKO dem Einwegpfand und den entstehenden Kosten gegenüber kritisch. Doch die Front bröckelt: Coca Cola wiederum will künftig Mehrweg-Systeme vermehrt wieder im Einzelhandel platzieren und begrüßt die Diskussion zu Einweg-Pfand (OTS), und sogar die Handelsriesen REWE und Spar kündigten für März die Wiedereinführung der guten alten Milch-Pfandflasche an (heute.at).

In diesen Kontext fügt sich passend die im Jänner 2020 durchgeführte Gründung der ÖPG Pfandsystemgesellschaft m.b.H. Ziel ist es, internationale Erfahrungen in die Diskussion um die Gestaltung, die Umsetzung und den Betrieb eines zukünftigen österreichischen Pfandsystems einfließen zu lassen. Ihre Gründer kommen aus dem Umfeld von europaweit agierenden Rücknahmesystemen im Bereich der Kreislaufwirtschaft, namentlich Reclay/UFH. „Viele Getränkehersteller, Verpackungsproduzenten und Händler sind verunsichert und wollen Klarheit zum Thema Pfand. Wir bieten eine Plattform für all jene Unternehmen, die auf nachhaltiges Verpackungsmanagement setzen. Wir werden in den kommenden Monaten intensiv daran arbeiten, betroffene Unternehmen zu informieren“ sagt Christian Abl, Geschäftsführer der ÖPG Pfandsystemgesellschaft m.b.H.

Förderung von Mehrweg – Kurzstudie „Mehrweg statt Müllberge“

Die Zivilbevölkerung wiederum ist auf Klima- und Umweltthemen sehr stark sensibilisiert und es wurden auch in letzter Zeit immer mehr Stimmen laut, die Pfand auf Einwegflaschen und Dosen forderten (siehe Gallup-Umfrage). Auch Mehrweg ist wieder im Kommen – dessen Förderung soll u.a. durch „Motivation und Information der Konsumenten“ erfolgen, so die BMK-Studie.

Mehrweg ist im Vergleich zu Einweg die weitaus ökologischere weil ressourcensparendere Variante. Mehr dazu kann man in der Kurzstudie „Mehrweg statt Müllberge“ von DI Christian Pladerer (Ökologie-Institut) und em. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Vogel lesen. Dort werden etwa die Vorteile von regionalen Mehrweggetränkeverpackungen analysiert. Auch mögliche Maßnahmen zur Förderung von Mehrwegsystemen werden angeführt, etwa Anreizsysteme, Pfandpflichten und Rücknahmegebot.

Mit der Veröffentlichung der Pfandstudie wurde eine intensive Pfand-Debatte gestartet, über deren aktuelle Entwicklungen Sie in den VABÖ-News bald mehr lesen werden.

Mehr Infos …

Pfandstudie in der RepaThek

VABÖ-News: Mehrheit der ÖsterreicherInnen wollen Pfand auf Einwegflaschen und Dosen

AWV: Umweltschutz und namhaften Experten klar den Vorrang geben – Vorfahrt für Einweggetränkepfand (APA-OTS)

Greenpeace zur BMK-Pfandstudie: Müll sammeln ist gut, vermeiden ist besser (APA-OTS)

GLOBAL 2000 begrüßt Ergebnisse der Studie zur Erreichung der EU-Sammelquoten (APA-OTS)

Pfand auf Einwegflaschen: Coca Cola befürwortet die Initiative des Umweltministeriums (APA-OTS)

heute.at: Ab März ist die Milch in der Mehrweg-Flasche zurück

VABÖ-News: Schottland will Littering mit Verpackungspfand bekämpfen

VABÖ-News: Umweltverband Vorarlberg: Mit Pfand gegen Littering

VABÖ-News: Mehr Pfand, weniger Plastikverschmutzung

VABÖ-News: Grüne verlangen erneut Pfandsystem für alle Getränkeverpackungen