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Bioabfall ins Bio-Kreislauf-Sackerl:
Was taugen biologisch abbaubare Einwegprodukte?

Einwegprodukte sind am besten zu meiden, auch wenn sie kompostierbar sind. Einerseits können sie mit den bestehenden Verfahren und Sortieranlagen bislang nicht oder kaum recycelt werden. Andererseits ist die Biomasse, die bei der Kompostierung entsteht, nicht so hochwertig wie etwa bei Grünschnitt (Quelle: Deutsche Umwelthilfe). Sinnvoll sind effektiv kompostierbare Einwegprodukte dann, wenn sie einerseits ein anderes kurzlebiges Einwegprodukt ersetzen, worauf die KonsumentInnen erfahrungsgemäß ungern verzichten, wie den leichten Knotenbeutel für Obst und Gemüse, und wenn sie außerdem einen Zusatznutzen für die Umwelt haben, weil sie zum Beispiel wie das österreichische Bio-Kreislauf-Sackerl die Bioabfallsammlung fördern und, wenn sie doch einmal als unerwünschter Litteringabfall in die Natur gelangen, sich nach einiger Zeit zumindest biologisch abbauen.

Schon jetzt werden in Österreich jährlich 100 Millionen Stück Stärkesackerln für die Bioabfallsammlung zuhause verkauft. Ihr Vorteil ist, dass sie ohne Probleme in österreichischen Kompostieranlagen abgebaut werden. Auch alle weiteren biologisch abbaubaren Sackerln, die EN 13432 zertifiziert sind (aber nicht die oxo-abbaubaren Sackerln), könnten theoretisch kompostiert werden. Der österreichische Kompost und Biogas Verband (KBVÖ) empfiehlt aber nur die sehr leichten, dünnwandigen Sackerln (Knotenbeutel) als Sammelhilfe für Bioabfälle, da sie sich schneller zersetzen als dickere Sackerln und das Vorhandensein von geeigneten Sackerln nachweislich die getrennte Sammlung von Bioabfall fördern. Das zeigt eine Studie des Witzenhausen-Instituts. Ansonsten ist das Kompostieren nach Vermeidung und Recycling nur die drittbeste Lösung, weil wertvolle Ressourcen verloren gehen.

1. Vermeidung 2. Recycling 3. Kompostierung

Da die Sackerln unter Rohstoff- und Energieaufwand produziert werden, empfehlen der KBVÖ und seine Bündnispartner, auch die biologisch abbaubaren Einwegsackerln grundsätzlich zu vermeiden. Nur dort, wo das nicht durchsetzbar ist, sollen kompostierbare Sackerln eingeführt werden, vor allem als leichte Knotenbeutel für Obst- und Gemüse im Supermarkt. Außerdem sollten die Hersteller, der Handel und die Kunststoffrecyclingbetriebe an der Recyclingfähigkeit und den Recyclingverfahren für diese Kunststoffe arbeiten, da die Kompostierung kein sinnvoller Verwertungsweg für diese Materialien ist.

Noch besser wären wiederverwendbare Sackerln. Aber wenn schon Einwegsackerln, dann wenigstens jene, die den geringsten Schaden anrichten, falls sie in die Umwelt gelangen: Das wirklich biologisch abbaubare Sackerl ist nämlich nur solange ein Störstoff, bis es unter normalen Kompostierbedingungen abgebaut ist. Im Gegensatz dazu sind die sogenannten oxo-abbaubaren Kunststoffe nicht kompostierbar, zerfallen aber zu Mikroplastik und möglicherweise giftigen Stoffen und werden bislang nicht recycelt.

Um Verwechslungen zu vermeiden, fordert der KBVÖ eine klare Kennzeichnung von kompostierbaren Sackerln als „Bio-Kreislauf-Sackerl“, hier können Sie die Petition unterzeichnen. Am 22. Jänner beim Kompostfachtag gibt es außerdem die Möglichkeit, u.a. die Sicht von Robert Tulnik vom KBVÖ, Kristy-Barbara Lange von european bioplastic, Friedrich von Hesler vom Bioplastikhersteller Novamont und Eva Eidinger Simacec von Lidl Österreich zu hören.

Copyright: Kompost und Biogas Verband Österreich
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Forderungen des Kompost und Biogas Verbands Österreich zusammengefasst

  • Verbot aller leichten Einwegtragetaschen, die nicht nachweislich nach EN13432 biologisch abbaubar sind
  • Keine Kennzeichnung und Bewerbung von Einwegprodukten als biologisch abbaubar, da dies zu Littering in der Natur und zur Entsorgung über die Biotonne verleitet, denn selbst wenn sie biologisch abbaubar sind, sind sie in der Natur zunächst ein Störstoff und auch für die Kompostierung haben sie schlechtere Eigenschaften als herkömmlicher Bioabfall (weniger Feuchtigkeit, je nach Materialdicke langsamerer Abbau)
  • Einzige Ausnahme: Knotenbeutel im Lebensmitteleinzelhandel sollen eindeutig gekennzeichnet und mit dem Hinweis beworben werden, dass diese Papier- oder kompostierbaren und sehr dünnen Plastiksackerln zum Sammeln von Bioabfall genutzt werden können. So wird Sichtbarkeit geschaffen und die getrennte Sammlung von Bioabfall, der noch immer zu einem guten Teil über den Restmüll entsorgt wird, gefördert.
  • Auch alle anderen Einwegkunststoffsackerln sollen biologisch abbaubar sein, damit der Schaden für die Umwelt möglichst gering gehalten wird, falls diese in die Natur oder in die Biotonne gelangen.

Herausforderung für Kompostieranlagen in Deutschland

1. Einwegprodukte durch Mehrwegprodukte ersetzen, 2. umfassenderes Recycling und erst 3. Kompostierbarkeit ist die Abfallhierarchie, die auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) für biologisch abbaubare Kunststoffe fordert.

Bisher regen die Begriffe „Bioplastik“ und „biologisch abbaubar“ auf Verpackungen und Produkten VerbraucherInnen dazu an, Sackerln, Becher, Teller oder Einweg-Besteck, die als kompostierbar beworben werden, in der Biotonne zu entsorgen. Die DUH führte im Jahr 2015/16 eine Umfrage unter rund 1.000 Kompostierungsanlagen in Deutschland durch, mit dem Ergebnis, dass biologisch abbaubare Kunststoffe in Deutschland für die große Mehrheit der Kompostieranlagen Störstoffe sind. Nachdem eine jahrelang andauernde Schadenersatzklage des Bioplastiktütenherstellers Victor-Group in Millionenhöhe gegen die DUH gescheitert ist, wurden die Ergebnisse erst kürzlich veröffentlicht (hier geht es zur Studie).

Die meisten deutschen Kommunen verbieten Sackerln aus Bioplastik für die Sammlung von Bioabfall, weil sie meistens nicht ihren Kompostieranforderungen entsprechen. Eines der Probleme ist, dass die Stoffe nach der EU-Norm EN 13432 auf einen 12-wöchigen Kompostierprozess ausgelegt sind. In den deutschen Anlagen dauert der aber oft nur acht Wochen. Deshalb ist das österreichische Bio-Kreislauf-Sackerl so dünn, dass es in drei-vier Wochen abgebaut werden kann. 77 % der befragten Anlagenbetreiber in Deutschland gaben an, Einkaufstüten aus Bioplastik möglichst noch vor der eigentlichen Kompostierung zu entfernen und teuer zu entsorgen, den Preis zahlen am Ende die Haushalte. Robert Tulnik vom KBVÖ, der uns für diesen Artikel beraten und Informationen zur Verfügung gestellt hat, merkte hierzu allerdings an, dass es nur mit außergewöhnlich hohem Aufwand möglich ist, alle Störstoffe auszusortieren. Deshalb sei es sinnvoll, wenn auch andere Einkaufssackerln biologisch abbaubar sind, nur sollten die KonsumentInnen nicht zusätzlich ermuntert werden, diese über die Biotonne zu entsorgen.

Nach der deutschen Bioabfallverordnung dürfen Produkte wie Verpackungen, Besteck oder Kaffeekapseln aus biologisch abbaubaren Kunststoffen nicht in der Biotonne entsorgt werden. Solange für diese keine Recyclinginfrastruktur existiert, gehören sie in den Restmüll. (Zum selben Ergebnis kommt auch Fraunhofer UMSICHT, VABÖ hat berichtet.) Anstatt die Zertifizierung als biologisch abbaubar anzustreben, fordert die DUH ebenso wie der KBVÖ von den Biokunststoffherstellern, auf einen geschlossenen Recyclingkreislauf ihrer Produkte zu setzen.

Weitere Informationen …

VABÖ-News: Petition „Ja zum Bio-Kreislauf-Sackerl“

DUH: Bioplastik – Mythen und Fakten (Zweisprachig, Deutsch und Englisch)

Petition „Ja zum Bio-Kreislauf-Sackerl!“ unterzeichnen

Humus- und Kompostfachtag Jänner 2019

Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe zur Studie

DUH-Studie: Bioplastik in der Kompostierung

VABÖ-News: Positionspapier von Fraunhofer UMSICHT: Lassen sich Biokunststoffe recyclen?

VABÖ-News: EU-Kommission veröffentlicht Bericht: Oxo-abbaubare Kunststoffe potentiell gefährlich