Noch weit von einem echten Recht auf Reparatur entfernt:
Neue EU-Vorschriften für Smartphones und Tablets
Die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission haben sich am 18.11.2022 auf neue Ökodesign-Regeln für Smartphones, Tablets, Mobiltelefone und schnurlose Telefone geeinigt. Für Right-to-Repair Aktivist:innen gehen die neuen Regeln noch nicht weit genug.
Ökodesign – ein immer wichtiger werdendes Schlagwort und gleichzeitig ein Bemühen, das Kreislaufwirtschaft vermehrt ermöglichen soll. Nachdem für bestimmte Produktgruppen bereits seit einiger Zeit EU-weit Regeln gelten, wurden mit Mitte November nun auch Vorschriften für Smartphones und Tablets beschlossen. Doch ist damit das Ziel erreicht, und werden künftig Tablets und Smartphones wirklich haltbarer und reparierbar designt sein?
Welche neuen Regeln sind positiv für die Reparaturförderung?
Zum ersten Mal gelten mit diesen neuen Ökodesign-Regeln Mindestanforderungen an das Design für Handys und Tablets in der EU. Dahingehend kann ihre Reparierbarkeit verbessert werden. Dies ist ein guter Anfang für künftige Vorschriften, und der endgültige Text enthält einige wichtige Bestimmungen, die die Reparierbarkeit und Haltbarkeit verbessern werden. So sind die Hersteller beispielsweise verpflichtet, professionellen Reparateur:innen und Endnutzer:innen Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen und einigen Ersatzteilen zu gewähren – und zwar noch mindestens sieben Jahre lang, nachdem sie ein Produkt vom Markt genommen haben. Auch Software-Updates müssen mindestens 5 Jahre lang nach dem Ausscheiden eines Produkts aus dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden. Was die Haltbarkeit betrifft, so müssen Smartphones mindestens 45 Stürze überstehen, bevor sie ihre Funktionstüchtigkeit verlieren, und nach 800 Ladezyklen müssen noch mindestens 80 % der Akkukapazität erhalten sein.
Welche neuen Regeln sind in Bezug auf die Reparaturförderung ausbaufähig?
Die Vorschriften verpflichten die Hersteller, eine spezifische Liste von 15 Arten von Ersatzteilen für professionelle Reparateur:innen zur Verfügung zu stellen. Für Endverbraucher:innen und Reparaturwerkstätten ist die Liste allerdings wesentlich kürzer, da diese nur Zugang zu fünf Arten von Ersatzteilen haben. Ausgenommen sind beispielsweise Kamerabaugruppen und externe Audioanschlüsse. Wenn die Hersteller bestimmte Anforderungen an die Haltbarkeit der Batterien stellen, werden die Batterien auch für die Verbraucher:innen nicht zugänglich sein.
Part-Pairing (eine Softwaretechnik zur Einschränkung von Reparaturen, die von Right-to-Repair Aktivist:innen schon seit einiger Zeit angeprangert werden) kann auch nach den neuen Regeln fortgesetzt werden und ist sogar legitimiert. Gleichzeitig geht der Kampf um erschwingliche Reparaturen weiter, da die Hersteller nicht verpflichtet sind, einen Höchstpreis für Ersatzteile zu veröffentlichen und einzuhalten, wie es in einem früheren Entwurf des Textes vorgesehen war.
Der Zeitfaktor ist ein weiteres Negativargument. Die neuen Vorschriften werden nämlich erst mit einer langen Verzögerung von 21 Monaten in Kraft treten. Das bedeutet, dass wahrscheinlich erst Anfang 2025 sichtbar wird, welche Veränderungen diese Vorschriften mit sich bringen werden.
Was sind die nächsten Schritte?
Der vorgelegte Text wird nun auf Tippfehler geprüft, übersetzt und an das Europäische Parlament und den Rat der EU geschickt, die ihn dann validieren oder ablehnen können. Nach der Validierung werden die Ökodesign-Anforderungen im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten voraussichtlich Anfang 2023 in Kraft.
Alle Augen sind nun auf die nationalen Sachverständigen gerichtet, die im Dezember erneut zusammenkommen werden, um über die neuen Vorschriften für die Energiekennzeichnung von Smartphones und Tablets abzustimmen, die die Reparaturbewertung umfasst. Hier ist es entscheidend, dass der Preis von Ersatzteilen ein Kriterium für den EU-Reparierbarkeits-Index wird.
Mehr Infos…
Die Initiative auf der Website der Europäischen Kommission
Newsartikel auf der Website von Right to Repair
VABÖ-News: EU-Parlament mehrheitlich für ein Recht auf Reparatur
RepaNews: Mehr Resilienz durch ein Recht auf Reparatur
RepaNews: Vielversprechende Ökodesign-Verordnung und Textilstrategie werden konkretisiert