Erfolg für die Reparaturbewegung:
EU-Parlament mehrheitlich für ein Recht auf Reparatur
Eine richtungsweisende Abstimmung ebnete Ende November dem Recht auf Reparatur in Europa den Weg: Das Europäische Parlament fordert von der EU-Kommission umfangreiche Maßnahmen gegen vorzeitige Obsolzenz und für nachhaltige, reparierbare Produkte sowie einen EU-weiten Reparaturindex für Produkte.
Der 25. November war ein wichtiger Tag für die Reparaturbewegung in Europa: Mit dem Beschluss zu “einem nachhaltigeren Binnenmarkt für Unternehmen und Verbraucher” fordert das EU-Parlament von der Kommission umfangreiche Maßnahmen für nachhaltige Produkte und Geschäftsmodelle. Der vom französischen Europaabgeordneten David Cormand (Grüne/EFA) entworfene Beschluss wurde mit 395 Stimmen dafür bei 94 Gegenstimmen und 207 Enthaltungen angenommen. Der gesamte Text kann hier nachgelesen werden.
Verwässerungsversuch erfolgreich abgewandt
Dem Erfolg ging eine wochenlange Debatte voraus, in der konservative und liberale Parteien versuchten, die ursprüngliche, ehrgeizigere Version des Berichts abzuschwächen: Die verbindliche Kennzeichnung von Produkten sollte zu einer freiwilligen Maßnahme abgeschwächt werden und Maßnahmen gegen vorzeitige Obsoleszenz sollten durch die Beschränkung auf Praktiken mit der ausdrücklichen und ausschließlichen Absicht, die Lebensdauer eines Produkts effektiv zu verkürzen, abgeschwächt werden. Im Vorfeld der Abstimmung hat sich die Right to Repair Koalition gemeinsam mit ihren Mitgliedern wie RepaNet und dem Reparaturnetzwerk Wien bei den Abgeordneten zum EU-Parlament für die Beibehaltung der ursprünglichen Forderungen starkgemacht. Von den österreichischen Abgeordneten hat niemand gegen den Vorschlag gestimmt.
Die EU-Kommission hat im Europäischen Grünen Deal angekündigt, wiederverwendbare, langlebige und reparierbare Produkte zu fördern. Das Europaparlament stellt mit dem erfolgten Beschluss nun seine konkreten Forderungen für diese Maßnahmen vor. Mit der Verabschiedung ihres Berichts haben sich die EU-Abgeordneten nun über Fraktionsgrenzen hinweg für die Reparatur in Europa stark gemacht und stehen den Verbraucher*innen und der Umwelt im Kampf gegen Wegwerfprodukte zur Seite.
Kennzeichnung von Reparierbarkeit – Förderung von Wiederverwendung
Gefordert wird die verpflichtende Kennzeichnung von Reparierbarkeit und Lebensdauer auf Produkten. Alle Praktiken, die die Lebensdauer eines Produkts effektiv verkürzen, sollen zu der Liste der verbotenen unlauteren Geschäftspraktiken hinzugefügt werden. Darüber hinaus soll die Kommission unter anderem prüfen, ob die gesetzlich vorgeschriebene Garantiedauer verlängert werden kann und wie Verbraucher*innen besser über wirksame und durchsetzbare Rechtsmittel aufgeklärt werden können. Das “Recht auf Reparatur” soll unter anderem eine Standardisierung von Ersatzteilen begünstigen und Verbraucher*innen kostenlosen Zugang zu Reparaturanleitungen geben. Das Europaparlament fordert außerdem eine “umfassende Strategie zur Förderung einer Kultur der Wiederverwendung”. So soll unter anderem die Zerstörung nicht verkaufter oder nicht verschlissener Waren in Zukunft verhindert werden. Unabhängige Werkstätten und Reparaturbetriebe sollen unterstützt werden, die Garantieübertragung für Gebrauchtwaren soll ermöglicht werden. All dies soll zu neuen und nachhaltigen Geschäftsmodellen führen, und so lokale Arbeitsplätze schaffen.
Berichterstatter David Cormand (Grüne/EFA, Frankreich): „Es ist an der Zeit, die Ziele des Green Deal als Grundlage für einen Binnenmarkt zu nutzen, der Produkte und Dienstleistungen fördert, die von vornherein gestaltet wurden, um zu dauern. Um dies zu erreichen, brauchen wir ein umfassendes Regelwerk, das klare und einfache Entscheidungen erleichtert, anstelle von technischen Änderungen, denen es an politischem Mut fehlt und die sowohl Verbraucher als auch Unternehmen verwirren. Mit der Annahme dieses Berichts sendet das Europäische Parlament eine klare Botschaft aus: Eine harmonisierte obligatorische Kennzeichnung mit Angaben zur Haltbarkeit und der Kampf gegen vorzeitiges Veralten auf EU-Ebene sind der Weg in die Zukunft.“
Nun liegt der Ball bei der EU-Kommission: „Die Europäische Kommission muss nun diese Dynamik nutzen und 2021 ein Kennzeichnungssystem für die Reparierbarkeit von elektronischen Geräten sowie Reparierbarkeitsstandards für Computer vorschlagen“, erklärte Chloé Mikolajczak, Sprecherin der Right to Repair-Kampagne.
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Zum angenommenen Bericht auf der Website des Europäischen Parlaments