Relevante Lücken im Bereich Textilbewirtschaftung:
Re-Use Austria: Stellungnahme zu Überarbeitungsentwurf der EU-Abfallrahmenrichtlinie

Die Überarbeitung der EU-Abfallrahmenrichtlinie bietet die Chance, Wiederverwendung relevant zu stärken. Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission weist jedoch Schwachpunkte auf – so analysiert Re-Use Austria in Bezugnahme auf den Bereich der Textilsammlung, und liefert in einer Stellungnahme konkrete Änderungsempfehlungen.

Die EU-Kommission hat Anfang Juli ihren Entwurf zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie veröffentlicht. Diese Abfallrahmenrichtlinie (engl.: Waste Frame Directive / WFD) legt einen Rechtsrahmen für den Umgang mit Abfällen in der EU fest und wirkt sich direkt auf die Mitgliedsstaaten aus. Zur Revision ist auf der Website der EU-Kommission zu lesen: „The revision of the WFD aims to improve the overall environmental outcome of waste management in line with the waste hierarchy and the implementation of the polluter pays principle.“

Zu dem nun vorliegenden Entwurf meldet sich Re-Use Austria (vormals RepaNet) zu Wort. Als Vertreterin sämtlicher sozialwirtschaftlichen Textilsammelorganisationen in Österreich – mehr als die Hälfte der in Österreich getrennt gesammelten Textilien geht durch deren Hände – hat Re-Use Austria jene Teile des Entwurfs, die Textilien betreffen, genauer unter die Lupe genommen. Die an das Klimaministerium gerichtete Stellungnahme kann online nachgelesen werden. Der VABÖ schließt sich der Stellungnahme vollinhaltlich an.

Generell stuft Re-Use Austria den Entwurf und dessen grundlegende Ausrichtung positiv ein. So finden sich darin viele Inhalte, für die sich die Organisation gemeinsam mit ihrem EU-Dachverband RREUSE seit langem eingesetzt hat. Dennoch gibt es kritische Punkte, und diese umfassen vor allem zwei Bereiche: Mengenreduktion im Textilbereich sowie die genaue Ausgestaltung der EPR-Systeme.

Starker Anreiz zur Mengenreduktion fehlt

Ein essentieller Schlüssel für funktionierende Kreislaufwirtschaft ist eine drastische Senkung von Produktion und Konsum – so wurde dies auch in der Österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie verankert. In Bezug auf den Vorschlag der EU-Kommission stellt Re-Use Austria fest, dass dieser „nicht geeignet ist, die jährlich steigenden in Verkehr gesetzten Mengen von Textilien insbesondere im Bereich ‚Fast Fashion‘ zu reduzieren“.  Um dies dennoch zu ermöglichen, müsste die von den Herstellern zu entrichtende modulare Gebühr entsprechend hoch angesetzt werden, sodass sie einen solchen Lenkungseffekt auch wirklich erzielt.

Hersteller dürfen nicht die Bedingungen für Re-Use diktieren

Ein weiterer wesentlicher Schwachpunkt des Entwurfs ist laut der Analyse von Re-Use Austria die weitestgehende Verknüpfung der erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) der Hersteller mit dem bestimmenden Einfluss auf die operative Ausgestaltung des Sammel- und Verwertungssystems. Zirkuläre (meist regionale) Geschäftsmodelle hätten so das Nachsehen gegenüber dem Profitinteresse der auf Neuproduktion basierenden globalisierten Textilindustrie. „Im vorliegenden Entwurf hätten die Herstellerorganisationen die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für Re-Use durch die Steuerung der Sortiervorgaben und insbesondere der Vergütungsgestaltung restriktiv zu beeinflussen, wie dies in Frankreich bereits zu beobachten ist“, so Re-Use Austria.

Die Herstellerverantwortung solle jedoch alleine dem Aufbau und der Finanzierung von Recycling-
Aktivitäten dienen, während die Stärkung von Re-Use als öffentliches Interesse unter der Kontrolle von Re-Use-Akteuren bleiben müsse. Die öffentliche Hand habe dabei für den notwendigen Interessensausgleich zu sorgen, etwa durch eine Clearingeinrichtung. Die Verantwortung für Sammlung und Sortierung von Textilien als Siedlungsabfall müsse im Falle von Österreich in der Hand der Kommunen bleiben, welche entweder selbst sammeln und sortieren oder dies an Dritte – vorzugsweise soziale Unternehmen – vergeben können.

Ohne Ergänzungen bzw. Präzisierungen der Richtlinie ist zu erwarten, dass Schwachpunkte zu Lasten von Re-Use entstehen, die bereits aus der WEEE-Richtlinie sowie aus dem französischen EPR-System für Textilien bekannt sind – und dies ist tunlichst zu vermeiden. Re-Use Austria führt zu den genannten Kritikpunkten somit konkrete Änderungsempfehlungen an und appelliert an das österreichische Klimaministerium, sich im Europäischen Rat für diese einzusetzen.

Mehr Infos …

Zur Stellungnahme von Re-Use Austria (pdf)

Zum Kommissionsentwurf der EU-Abfallrahmenrichtlinie

Zum Anhang mit Geltungsbereich und Textildefinition

Zu allen Begleitdokumenten

Website der EU-Kommission: Call for Evidence: Revision of the Waste Framework Directive (14.2.2022)

Zu allen Positionspapieren und Stellungnahmen von Re-Use Austria