EU-Kommission veröffentlicht Bericht:
Oxo-abbaubare Kunststoffe potentiell gefährlich
Um den Verbrauch von Plastiksackerln zu reduzieren, sah die entsprechende europäische Richtlinie von 2015 unter anderem vor, dass oxo-abbaubare Kunststoffe untersucht werden sollten. Der Bericht der Kommission liegt nun vor, mit eindeutigen und zwar negativen Ergebnissen. (Quelle: RECYCLING magazin)
Es seien zwar fast alle Stoffe biologisch abbaubar, das kann aber mehrere Hundert Jahre dauern. Um die Umwelt real zu schützen, müssen die Kunststoffe schneller abgebaut werden. Das hängt vor allem von den Rahmenbedingungen der Kompostierung ab, etwa von Wärme- und Sauerstoffzufuhr. Ob ein Kunststoff aus biologischem oder fossilem Material besteht, ist dabei nicht relevant. Denn wenn ein oxo-abbaubarer Kunststoff nicht innerhalb einer akzeptablen Zeit abgebaut werden kann, zerfällt er zu Mikroplastik mit den bekannten Folgen. Die EU-Kommission gibt außerdem zu bedenken, dass das Branding als oxo-abbaubar zu mehr Littering führen könnte, da es den VerbaucherInnen nahelegt, dass das Material in der Natur einfach kompostiert wird.
Grundsätzlich werden diese Materialien zwar verhältnismäßig schneller abgebaut, aber damit der Kompostierungsprozess einsetzt, braucht es Sonnenlicht und Wärme. Da diese Faktoren in der Natur nicht berechenbar sind, kann man nicht berechnen, wie lange zum Beispiel ein oxo-abbaubares Kunststoffsackerl braucht, bis es abgebaut ist. Das heißt auch, dass es unter ungünstigen Bedingungen gar nicht zerfällt.
Das Fazit ist, dass die oxo-abbaubaren Kunststoffe nicht die EU-Kriterien erfüllen und nicht für die Kompostierung geeignet sind, weil selbst unter idealen Umständen noch Rückstände im Kompost wären. Noch schlechter sind die Umweltauswirkungen aber, wenn diese Kunststoffe in Deponien landen: Denn wenn sie nicht genug Sauerstoff bekommen, und das ist auf Deponien vor allem in den tieferen Schichten der Normalfall, setzt der problematische Abbau ohne Sauerstoff ein. Dabei entsteht nämlich Methan, das 25 Mal so schädlich ist wie Kohlenstoffdioxid. Das heißt, diese Kunststoffe sind auf Deponien sogar noch schädlicher als die nicht oxo-abbaubaren.
Der oxo-abbaubare Kunststoff wird auch nicht das Plastikproblem in den Weltmeeren lösen. Es gibt noch keine Untersuchungen hierzu, aber der Abbau dauert an Land schon zu lange und würde im Wasser, wo es weniger Sauerstoff und Bakterien gibt, noch länger dauern.
Es steht zwar das Argument im Raum, dass die Kunststoffe mit beigemengten zusätzlichen oxidierenden Stoffen schneller zerfallen, aber bisher gibt es noch keine Ergebnisse dazu, wie lange das dauern wird, ob der Zeitraum akzeptabel und das Endprodukt tatsächlich ungefährlicher Humus ist. Im Gegenteil, da es keine Standards für die Zusammensetzung und zu wenige Erfahrungswerte gibt, kann auch nicht sichergestellt werden, dass die Stoffmischungen nicht zusätzlich gefährlich sind.
Da sich die oxo-abbaubaren Kunststoffe unter den entsprechenden Umständen zumindest teilweise zersetzen, sind sie auch für das Recycling nicht geeignet und müssen getrennt von anderen Kunststoffen gesammelt werden.
Die Vorteile der oxo-abbaubaren Kunststoffe sind also unklar, ihre Nachteile hingegen nachgewiesen. Die Kommission kündigt deshalb an, dass sie Schritte einleiten wird, um die Beschränkung von oxo-abbaubaren Kunststoffen zu erreichen.
Das RECYCLING magazin berichtet über wirtschaftliche, politische und technische Entwicklungen in der Recycling- und Entsorgungswirtschaft. Nachtrag vom 16. Mai 2018: Bei den oxo-abbaubaren Kunststoffen handelt es sich nicht um die biologisch abbaubaren und tatsächlich ungefährlich kompostierbaren Verpackungsmaterialien, die nach der EU-Norm EN 13432 hergestellt werden.
Weitere Infos …
Die Infos zu diesem Artikel stammen aus dem RECYCLING magazin 02/2018, S. 31: Wider den Bio-Pfusch. Zum Inhalt der Ausgabe geht es hier …
Bericht der EU-Kommission zu den Auswirkungen von oxo-abbaubaren Kunststoffen (Englisch)