Digitalisierung und Industrie 4.0:
Innovationen verbrauchen mehr Ressourcen, als sie einsparen
Dass die Digitalisierung und Technologisierung den Ressourcenverbrauch reduzieren, glaubt kaum noch jemand. Dennoch versprach sich das deutsche Bundeswirtschaftsministerium, dass mit der immer stärkeren Vernetzung auch von Alltagsgegenständen mit dem Internet genau das passieren wird. Die Wirtschaft werde nachhaltiger, wenn also zum einen der Kühlschrank Lebensmittel selber nachbestellen kann, aber auch Industrie-Roboter und Anlagen aus der Ferne gesteuert werden können, LKWs selbständig fahren und neue Solar- und Windparks installiert werden. Laut Studien wird das Gegenteil der Fall sein. (Quelle: enorm)
Mittlerweile ist mehrfach wissenschaftlich bestätigt, dass die kommenden technischen Innovationen mehr Ressourcen verbrauchen werden, und zwar nicht nur kurzfristig in der Umstellungsphase, sondern auf lange Sicht. Das sagte schon eine Studie des Massachusetts Insitute of Technology (MIT) von 2016 aus. Konkret für Deutschland hat die deutsche NGO Powershift die Pläne der Industrie auf ihren Ressourcen- und Energiebedarf hin untersucht und herausgefunden, dass beides steigen wird. Das heißt, dass damit zu rechnen ist, dass auch bisher verschonte Regionen mit hohen Rohstoffvorkommen, wie in der Tiefsee, in der Arktis und in entlegenen Regenwäldern, angezapft werden müssen, um den Bedarf zu decken.
In dieser Studie wurden dieselben Zahlen verwendet, die auch dem deutschen Bundeswirtschaftsministerium zur Verfügung standen. Sie stammen von der Deutschen Rohstoffagentur und sagen einen enormen Zuwachs im Rohstoffverbrauch im Jahr 2035 voraus. Etwa der Bedarf an Tantal, der unter anderem für Smartphones verwendet wird, soll sich vervierfachen, der von Kupfer ebenfalls, der von Lithium soll sich verzweihundertfachen. Mit Schuld daran ist die Elektromobilität: Ein Elektroauto etwa braucht eine Lithiumbatterie, und in den Bau der Karosserie fließen 60 Kilogramm mehr an Kupfer und 50 Kilogramm mehr an Aluminium als in ein vergleichbares Auto mit Verbrennungsmotor. Die Gewinnung von Aluminium verbraucht schon heute 3 % der weltweit konsumierten Energie.
Dazu kommt, dass in den Ländern, in denen die meisten Rohstoffe abgebaut werden, die Menschenrechte nicht gesichert sind. ExpertInnen der UNO schätzen, dass ein Drittel der Menschenrechtsverletzungen im Bergbau passieren. Außerdem gehen mehr als 40 Prozent aller Konflikte weltweit auf den Abbau und Handel von Rohstoffen zurück. NGOs fordern deshalb eine Pflicht für Rohstofflieferanten, die Einhaltung der Menschenrechte entlang der Wertschöpfungskette einzuhalten. In Deutschland wurde zwar im Dezember 2016 ein Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten verabschiedet, aber die Vorgaben sind, anders als angekündigt, für deutsche Unternehmen nicht verbindlich.
In der Zwischenzeit bemühen sich internationale Arbeitsgruppen aus RegierungsvertreterInnen in der UNO darum, ein Abkommen und Maßnahmen zu finden, um internationale Konzerne und große Unternehmen dazu zu bringen, die Menschenrechte zu respektieren.
Weitere Informationen …
Studie des Massachusetts Insitute of Technology (MIT)
Deutscher Aktionsplan zu Wirtschaft und Menschenrechten
News aus der UNO-Arbeitsgruppe „Völkerrechtliches Abkommen“
ORF Science Stories: Wie man den Rohstoffabbau verträglicher macht