Studie des deutschen Umweltbundesamtes zeigt:
Abfallvermeidung muss in Alltag und soziales Milieu integrierbar sein
Das Thema Mülltrennung kann als Türöffner für konstruktive Kommunikation zu Abfallvermeidung wirken – dies ist eine von vielen Erkenntnissen einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes, die die Möglichkeiten der wirksamen Ansprache von Bürger*innen verschiedener sozialer Milieus genauer unter die Lupe nimmt. (Quelle: Recycling Magazin)
Abfallvermeidung hat neben vielen anderen Faktoren auch besonders mit dem sozialen Milieu der agierenden Personen zu tun – diese Tatsache betrachtet eine jüngst vom Deutschen Umweltbundesamt beauftragte Studie näher. Dem vom Institut für Sozialinnovation, der INTECTUS GmbH und der Ökopol Institut für Ökologie und Politik GmbH erstellten Abschlussbericht „Identifizierung soziologischer Bestimmungsfaktoren der Abfallvermeidung und Konzipierung einer zielgruppenspezifischen Kommunikation“ liegen 1.300 Befragungen deutscher Bürger*innen, Sortieranalysen deutscher Haushalte, Gruppendiskussionen sowie aktuelle Medienforschungsergebnisse zugrunde. Das Ziel: die Möglichkeiten zielgruppenspezifischer Kommunikation zu eruieren, um das noch nicht genutzte Potential im Bereich Abfallvermeidung künftig bestmöglich auszuschöpfen. Dafür wurden acht soziale Milieus bestimmt und deren zielgruppengerechte Ansprachen betrachtet.
Alltagspraktiken werden oft wider besseres Wissens vollzogen
Festgestellt wurde von den Autor*innen, dass sich viele Konsument*innen der ökologischen Probleme von Abfall bewusst sind. Dennoch werden Alltagspraktiken – die sich je nach sozialem Milieu unterscheiden – oft wider besseres Wissens vollzogen, etwa wenn ein Neukauf praktischer und billiger ist als eine Reparatur. Um wirksam zu sein, solle Abfallvermeidung also dementsprechend in den Alltag integrierbar und leicht zu vollziehen sein.
Das Bewusstsein über die Zusammenhänge zwischen eigenem individuellem Verhalten und ökologischen Problemen ist in unterschiedlicher Stärke vorhanden – weniger, so wurde konstatiert, in „gehobenen“ Milieus. Währenddessen wurde in prekären Milieus zwar durchaus der Wille zu Abfallvermeidung identifiziert, die Umsetzung werde jedoch durch auferlegte Grenzen (etwa fehlende Biotonnen auf dem Gründstück) gebremst.
Konstruktivität und Alltagsbezug statt Moral
Generell ist die Praxis der Mülltrennung weiter verbreitet als die der Abfallvermeidung – Mülltrennung ist somit „Türöffner“ für Kommunikation über Abfallvermeidung. Konstruktive Kommunikationsangebote zu Abfalltrennung und -vermeidung wurden dabei als wünschenswert betrachtet, moralisierende wurden abgelehnt. Um wirksam zu sein, müssen „sozial differenzierte Handlungslogiken“ der Zielgruppen in der Kommunikation berücksichtigt werden. Ohne Anknüpfen an den Alltag fehle zudem der Bezug zur Lebenspraxis der Adressat*innen. Die Studie schließt mit einer Empfehlung an die Politik: Eine politische Priorisierung auf Abfallvermeidung und -reduktion könne Kommunikationsakteur*innen dabei unterstützen, das Thema gezielt zu bearbeit und bereits vorhandene kommunikative Ansätze weiterzuentwickeln.
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Artikel „Milieus, hört die Signale“ im Recycling Magazin 4/2021