Eine Tonne CO2-Äquivalente pro Person und Jahr:
Wie unser digitaler Lebensstil das Klima schädigt
In einem spannenden Blogpost des deutschen Öko-Instituts wird aufgezeigt, welche Folgen unsere intensive Nutzung von digitalen Endgeräten für das Klima hat. Dabei werden mehrere Phasen unter die Lupe genommen – denn es geht um erheblich mehr als ein paar Google-Anfragen oder Wischer am Smartphone. Das Fazit: Wir haben im Schnitt pro Jahr knapp eine Tonne CO2 pro Kopf zu verantworten. (Quelle: blog.oeko.de)
Wir haben uns längst daran gewöhnt, ständig mit diversen Endgeräten online zu sein, zu streamen, Daten über Clouds zu speichern – und regelmäßig unsere Geräte durch neue auszutauschen. Dieses Konsumverhalten hat erhebliche Auswirkungen – und zwar nicht nur in dem Moment, in dem wir auf YouTube Videoclips ansehen. Betrachtet werden müssen neben der Nutzung auch die Geräteherstellung, die Datenübertragung und die CO2-Emissionen der Rechenzentren. Jens Gröger, Senior Researcher im Institutsbereich Produkte & Stoffströme am deutschen Öko-Institut hat in einem Blogpost die Klimaauswirkungen unseres Konsumverhaltens genauer unter die Lupe genommen. Wir wollen hier ein paar spannende Erkenntnisse daraus anführen.
Vorab zur Information: Die Berechnungen beruhen auf durchschnittlichen Schätzungen und durch die rasante Entwicklung des technologischen Fortschritts und der Konsumgewohnheiten handelt es sich auch um keinen „status quo“. Dennoch sind die Berechnungen aussagekräftig, da sie uns eine grobe Vorstellung von der ökologischen Auswirkungen unseres digitalen Lebensstils geben.
4 Phasen: Herstellung, Nutzung, Datenübertragung, Rechenzentren
Jens Gröger unterscheidet vier wichtige Phasen. Denn die Auswirkungen des Konsums reichen bis zum Rohstoffabbau zurück und umfassen natürlich auch die Herstellung der Geräte. Hier werden erhebliche Treibhausgasemissionen verursacht, insbesondere durch Prozesschemikalien zur Rohstoffgewinnung und Verarbeitung sowie durch den Energieaufwand zur Halbleiterfertigung. Beim Laptop sind es 63 kg CO2-Äquivalente pro Jahr, bei einem Smartphone 50 kg – hierbei fließt die durchschnittliche Nutzungsdauer in die Berechnung ein. Die Verlängerung der Nutzungsdauer senkt diese Werte also drastisch. In der Nutzung (Energieverbrauch) fallen beim Laptop im Schnitt 25 kg CO2e und beim Smartphone 4 kg CO2e pro Jahr an.
Als drittes wird die Datenübertragung betrachtet. Dieser Teil des Gesamtfußabdrucks entsteht im Internet und ist für uns selbst etwas schwerer greifbar. Für InstagrammerInnen interessant: Der Upload von 10 Fotos pro Tag ergibt im Jahr eine Summe von 1 kg CO2-Äquivalente. Lädt man jeden Tag 1 GB Backup auf einen Server hoch, verursacht dies pro Jahr 11 kg CO2-Äquivalente. Vier Stunden Videostreaming pro Tag verursachen sogar 62 kg CO2-Äquivalente pro Jahr.
Dahinter wiederum stehen Rechenzentren, die auch einen nicht zu unterschätzenden CO2-Fußabdruck verursachen. Sie sind Basis für alle unsere Online-Aktivitäten und müssen hier miteingerechnet werden. In Deutschland entfallen auf jeden Internetanschluss etwa 213 kg CO2-Emissionen pro Jahr – alleine von deutschen Rechenzentren. Doch Deutsche nutzen auch ausländische Server – deren Stromverbrauch ist hier noch gar nicht eingerechnet. Nutzen wir z.B. Google mit seinen über die ganze Welt verteilten Servern etwa mit 50 Suchanfragen pro Tag, so verursacht dies CO2-Emissionen in der Höhe von 26 Kilogramm pro Jahr.
Ergänzung: Auswirkungen im „End of Life“ der Produkte
Was hier nicht angeführt ist, aus unserer Sicht allerdings ergänzt werden sollte, ist das „End of Life“ der Produkte. Denn es macht einen großen Unterschied, wie wir unsere nicht mehr benötigten Geräte entsorgen. Am besten ist natürlich eine Abgabe zum Re-Use – am besten an eine regionale gemeinnützige Organisation. Ist eine Wiederverwendung nicht möglich, ist wichtig, dass die Geräte fachgerecht entsorgt und möglichst viele Komponenten wieder zum Einsatz kommen bzw. recycelt werden. Bei illegalem Export von ICT-Geräten werden durch unsachgemäßes Recycling in den Exportländern negative Umweltauswirkungen verursacht.
Fazit: knapp eine Tonne CO2-Äquivalente pro Person und Jahr
Eine Summe berechnet Gröger, indem er die Klimakosten bei durchschnittlicher Nutzung von Fernseher, Laptop, Smartphone und Sprachassistent (z.B. Alexa) in den vier genannten Bereichen zusammenführt. Pro Jahr beträgt so der digitale CO2-Fußabdruck pro Person insgesamt 850 Kilogramm CO2-Äquivalente – bei intensiverer Nutzung oder mehr Endgeräten leicht noch mehr. Ein klimaverträgliches Maß für den Gesamtfußabdruck wären 2 Tonnen – in Deutschland sind es im Schnitt 12 Tonnen pro Person und Jahr. In Österreich können wir von ähnlichen Zahlen ausgehen. Das bedeutet wiederum, allein unser digitales Konsumverhalten verbraucht bereits knapp die Hälfte – wenn nicht mehr – des uns pro Person zur Verfügung stehenden CO2-Budgets, wenn der Klimawandel in noch erträglichen Grenzen gehalten werden soll. Gröger hierzu: „Unser digitaler Lebensstil ist in der vorliegenden Form nicht zukunftsfähig.“ Es braucht also dringend erhebliche Anstrengungen auf allen Ebenen, um ihn nachhaltiger zu gestalten.
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Blog des deutschen Öko-Instituts: „Der CO2-Fußabdruck unseres digitalen Lebensstils“
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