Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie:
Verhaltensänderungen brauchen einen Mix an Motiven
In Zeiten des Klimawandels ist es dringend nötig, dass jede/r einzelne das eigene Verhalten ändert, damit wir den Weg zu einem bewussteren und schonenden Umgang mit unseren Ressourcen und den Wechsel hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft bewältigen. Doch das ist leichter gesagt als getan – denn die komplexe menschliche Psyche braucht konkrete Anreize, um eine nachhaltige Anpassung des eigenen Verhaltens zu bewerkstelligen. (Quelle: Option Magazin)
Aufgabe der Umweltpsychologie ist es, Verhalten und Handlungen des Menschen gegenüber seiner Umwelt sowie die Einflüsse der Umwelt auf den Menschen zu analysieren. Das Thema ist ein höchst komplexes und die Disziplin hat seit ihrer Entstehung bereits mehrere Phasen gekannt, das zeigt Sebastian Bamberg von der Fachhochschule Bielefeld auf, der seit den 1990er Jahren zu diesem Thema forscht.
Wissensvermittlung als Basis
So war in den 1970er Jahren der Ansatz verbreitet, dass man angesichts der immer sichtbarer und rasanter werdenden Folgen der durch den Menschen verursachten Umweltverschmutzung vermehrt Aufklärungsarbeit und Wissensvermittlung betreiben müsse. Der Ansatz ist wichtig, denn auf ihm baut jegliches zivilgesellschaftliche Engagement auf. In diese Zeit fällt die Diskussion um Sauren Regen – und letztlich konnte das dahinterstehende Schadstoffproblem durch wirkungsvolle Technologien behoben werden. Auch die Anti-Atomkraft-Bewegung wurde damals geboren, und es ist dem Einsatz von vielen engagierten BürgerInnen zu verdanken, dass in Österreich kein Atomkraftwerk in Betrieb ist. Und auch in Deutschland gibt es den Atomausstiegsplan. Dennoch blieben die nötigen Erfolge punktuell und oft auf die Symptombekämpfung beschränkt, während das zugrundeliegende Problem des planetaren Raubbaus nicht nur nicht gelöst wurde, sondern sich vielmehr immer mehr beschleunigt. Heute ist ganz klar, dass es eine Systemänderung braucht, wenn wir unseren Planeten nicht vollkommen zugrunde richten wollen.
Aufklärung reicht nicht, es braucht Anreize
Mit der Zeit erkannte die Umweltpsychologie, dass Aufklärung zwar Umweltbewusstsein fördert, dass dies jedoch nicht der Hauptmotivator für Verhaltensänderungen ist – lediglich 10% der Verhaltensänderungen werden darauf zurückgeführt. Zahlreiche Forschungsarbeiten in den 1980er und 1990er Jahren haben das deutlich belegt. Verhalten, das das Klima schädigt, wirkt zeitlich verzögert und indirekt auf die VerursacherInnen zurück – ein schwer lösbares Problem. So stellte sich erneut die Frage, welche Motive für mögliche Verhaltensänderungen ausschlaggebend seien.
In den 1990er Jahren fand man dann heraus, dass der Mensch konkrete Anreize braucht. Eine Verhaltensänderung wird nur dann tragend, wenn die Auswirkungen in einer Form für ihn direkt spürbar werden. Ein Beispiel hierfür ist die Möglichkeit eines kostenlosen Semestertickets für Studierende, welche die Bevorzugung von öffentlichen Verkehrsmitteln gegenüber einem Privatauto begünstigen können. Es ist klare Aufgabe von Politik und Wirtschaft, diese Anreize zu schaffen.
Ein Mix an Motiven und die Macht des Kollektivs
Doch weder Aufklärung noch Anreize seien der eigentliche Grund, so Bamberg. So stehe für den Menschen eigentlich die persönliche Norm im Zentrum – und somit die Frage, was für ein Mensch man sein will. Das gebe letztlich den Ausschlag über das konkrete Verhalten. Insgesamt brauche der Mensch einen Mix an Motiven, so die Erkenntnis der Umweltpsychologie. Hier fallen auch Gruppendynamiken hinein, die das Verhalten mitunter stark beeinflussen können.
Letztlich sind politische und industrielle Rahmenbedingungen sehr wichtig, da sie das System prägen, in dem wir uns bewegen. Doch zeigt sich auch immer wieder, dass kollektive Bewegungen von einzelnen Gruppen der Gesellschaft auf die Rahmenbedingungen einwirken können. Ein Beispiel hierfür sind „Transition Towns“, in denen in der Gemeinschaft sowohl persönliches als auch gesellschaftliches Verhalten geändert wird, und die auf die kommunale Politik einwirken.
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