22nd European Forum on eco-innovation:
Es braucht noch klarere Bekenntnisse der Politik
Von 7.-8. Mai fand in Wien das 22. European Forum on eco-innovation der Europäischen Kommission statt. Das Thema „Closing the loop – delivering circularity in the textiles sector“ war vielversprechend – denn die Textilbranche muss dringend einen Umschwung schaffen, und dazu braucht es konstruktive Zusammenarbeit von sämtlichen Stakeholdern. Die Plattform wäre da gewesen – leider war der Informationsgehalt aus unserer Sicht etwas dünn.
181 Milliarden Euro Umsatz werden in der europäischen Textilindustrie jährlich erwirtschaftet – allerdings vorwiegend verbunden mit großen Schäden an Mensch und Natur. Nach Jahrzehnten der Fast Fashion braucht die Textilbranche dringend neue Lösungen – das erkennen mittlerweile sogar große Firmen wie H&M. Die kreativen Köpfe in der Branche arbeiten Schritt für Schritt daran, kreislaufwirtschaftliche Modelle im System zu etablieren. Durch nachhaltiges Produktdesign, verbesserte Produktionsbedingungen und Lösungen betreffend das Produktende sagt man der Fast Fashion immer mehr den Kampf an. Hier finden sich innovative Ansätze und zahlreiche Best Practice Beispiele, sowohl als Pilotprojekte von großen Firmen als auch als eigene Labels, die sich immer mehr aus den Nischen rausbewegen.
Beim European Forum on eco-innovation trafen Unternehmen, EntscheidungsträgerInnen, InvestorInnen, NGOs und ForscherInnen in der Expedithalle in Wien aufeinander, um über die Möglichkeiten und Herausforderungen zu diskutieren, die eine kreislaufwirtschaftlich ausgerichtete Textilbranche in sich birgt. Eine ideale Plattform, um künftige gemeinsame Strategien zu diskutieren – doch sie hätte noch intensiver genutzt werden können. Auf der Agenda standen mehrere Vorträge zum Thema, so wie auch Diskussionen über Materialien, Produktionsbedingungen, Produktende. Innovative Unternehmen und Initiativen aus öffentlichem und privatem Sektor konnten ihre Sichtweisen und Projekte vorstellen. Insgesamt 36 SprecherInnen waren eingeladen.
Gute Plattform, doch etwas dünner Informationsgehalt
Leider konnten wir nicht am ganzen Forum teilnehmen, sondern nur den zweiten Tag besuchen. Zu den spannenden Beiträgen an Tag 2 zählten aus unserer Sicht der von Hannah Carter über ECAP (European clothing action plan): Zentrales Ziel des Projektes ist es, möglichst viele Textilien davor zu bewahren, zu Abfall zu werden, und die Umweltauswirkungen der Kleidungsproduktion zu vermindern. Interessant auch die Kampagne #lovenotlandfill, im Zuge derer in Großbritannien „Clothes Banks“ installiert wurden. Doch leider konnten die einzelnen guten Beiträge unseren insgesamt etwas ernüchternden Eindruck kaum mindern.
In der Podiumsdiskussion „Building momentum to meet the challenge“ wurde es etwas konkreter. Ein Thema war die Einführung eines Systems der erweiterten Herstellerverantwortung. Es gab zwar keine definitiven Aussagen zur Frage, ob die Hersteller für die Sammlung, Sortierung, Aufbereitung und Verwertung in die finanzielle Pflicht genommen werden sollen, dennoch herrschte Einigkeit zwischen Experten und Herstellern. Arthur ten Wolde (Experte von Ecopreneur.eu) und Mauro Scalia (EURATEX, Interessensvertretung Industrie) stimmten überein, dass zuerst bestimmt werden muss, für welche Probleme ein solches System Lösungen finden kann – und wie diese genau auszusehen haben. Zwar wird der Überkonsum an Kleidung, eines der Schlüsselprobleme, dadurch nicht beeinflusst. Dennoch kann ein System der erweiterten Herstellerverantwortung Teil eines Maßnahmenbündels sein. Die Vertreterin der Europäischen Kommission hielt sich zurück und sagte, dass alle Möglichkeiten laufend analysiert werden. Hier zeigte sich für uns, dass von der amtierenden Kommission keine bedeutenden Änderungen mehr bis zur kommenden Neukonstituierung zu erwarten sind.
Auch die Schlussrede von Elisabeth Köstinger ging leider ebenso wenig in die Tiefe. Doch bekannte sich die Nachhaltigkeitsministerin mit klaren Worten zur ökosozialen Evolution. Wir wünschen uns, dass sich dieses Commitment auch in künftigen politischen Strategien niederschlägt. Denn es braucht Intervention von der Regierung, um den Textilsektor in nachhaltige Bahnen zu lenken und um Unternehmen in Zugzwang zu bringen. Kreislaufwirtschaft ist keine Wahl – sie ist eine Notwendigkeit.
Insgesamt hatten wir – am zweiten Tag – nicht den Eindruck, dass die Plattform für wirklich konstruktive Diskussion genutzt wurde, sondern dass eher rasch das geplante Programm durchgezogen wurde. In Summe: Gute Ansätze – die es auch dringend braucht! – doch hätten wir uns eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem komplexen Thema gewünscht.
Mehr Infos …
Link zur Broschüre mit Agenda und Infos zu den Vortragenden
Link zur Zusammenfassung und zu allen Vorträgen als Download
Mehr zu ECAP (European clothing action plan)
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