Verbesserte Ressourcennutzung durch Weitervermittlung:
Die Fairmittlerei im Einsatz gegen Verschwendung
Seit dreieinhalb Jahren vermittelt die Fairmittlerei noch gebrauchsfähige Artikel an NGOs in Österreich. Wir haben uns bei einem Treffen mit Vereinsobmann Michael Reiter über Chancen und Hürden der intelligenten Ressourcennutzung ausgetauscht. Aktuell ist man auf der Suche nach SpenderInnen von Ausschussware sowie auch weiteren KundInnen.
In Österreich landet vieles auf dem Müll, obwohl es noch verwendbar wäre. Neben Lebensmitteln sind das auch alle möglichen anderen Produkte – und zwar oft, bevor sie überhaupt in den Handel kommen. Hier setzt die Fairmittlerei an, die sich in ihrer Arbeit gänzlich auf die Weitervermittlung von Ausschussware von Firmen spezialisiert hat.
Gegründet im Juni 2016, blickt man bei der Fairmittlerei bereits auf über drei erfolgreiche Jahre zurück. Der Verein hat sich mittlerweile einen Namen in der Vermittlung von nicht-essbarer Ausschussware in Österreich gemacht. 2018 durfte man sich über die Auszeichnung „OekoBusiness Wien“ freuen (so wie übrigens auch BauKarussell). Aktuell tragen etwa 20 MitarbeiterInnen zum Erfolg des Konzeptes bei, drei Viertel davon ehrenamtlich. Nun will man vermehrt auch in den Westen Österreichs gehen und dort bekannter werden, dazu gibt es einen Mitarbeiter in Tirol. So wird in intensiver Arbeit Angebot und Nachfrage – von und nach Ausschussware – Schritt für Schritt aufgebaut.
Logistiklösungen für Ressourcenschonung
Für die Logistik wird mit Logwin Logistics zusammengearbeitet. In einem mit einzelnen größeren Firmen gemeinsam genutzten Lager in Traiskirchen werden die von den SpenderInnen erhaltenen Waren eingelagert, für den Versand vorbereitet und verschickt. Hier in Traiskirchen befindet sich also das Herzstück der Fairmittlerei. Auf den Regalen finden sich Waren, die man auf den ersten Blick für ganz normale erstklassige Produkte halten würde. Die Krux: Das sind sie auch. Warum landen sie dann aber hier und werden von den Firmen nicht verkauft?
Verpackungsbeschädigung, Ausschussware, Etikettierfehler
Oft stehen ganz einfache Dinge dahinter: Die Überverpackung wurde beschädigt und die Ware wird vom Einzelhandel nicht mehr angenommen. Dass eingedellte Kartons im Normalfall ein Grund sind, einwandfreie Produkte zu entsorgen, regt wirklich zum Nachdenken an.
Sortimentswechsel sind auch so ein Fall. Kommt das Folgeprodukt auf den Markt, ist das vorherige nicht mehr verkaufbar. Dementsprechend landet es wieder oft im Müll. Nicht jedoch, wenn die Fairmittlerei es retten kann. Falsche Etikettierung oder abweichende Füllmengen sind auch häufige Ausschussgründe. Alleine im Bereich der Hygieneprodukte bekommen so jährlich bis zu 2.250 Tonnen Produkte den „Ausschuss“-Stempel, obwohl sie noch verwendbar wären – das hat eine von der Fairmittlerei beim Ökologie-Institut in Auftrag gegebene Studie ergeben. Diese Menge entspricht 42.300 vollen Mülltonnen. Dieser traurigen Statistik hat die Fairmittlerei den Kampf angesagt. Mit dem Ziel, die Ware an die KundInnen zu bringen.
Weitervermittlung an NGOs
Wer sind nun die AbnehmerInnen dieser Produkte? – Gemeinnützige Organisationen, deren finanzielle Situation oft schwierig genug ist. Durch die sehr preiswerten Angebote der Fairmittlerei wird es für sie möglich, Dinge des täglichen Bedarfes – oft Markenartikel – für die Organisation gegen eine sehr geringe Vermittlungsgebühr zu erwerben. Im Sortiment sind neben Hygieneprodukten auch Büroartikel, Arbeitskleidung, Taschen, Geschirr und vieles mehr. Das aktuelle Angebot ist im Webshop einsehbar.
Die Fairmittlerei stellt den Link zwischen SpenderInnen und KundInnen her. Alleine für die Vermittlung werden Gebühren eingehoben – das heißt, Lager und Logistik werden dadurch bezahlt. Zu den KundInnen der Fairmittlerei zählen zum Beispiel bereits SOS Kinderdorf, das Diakoniewerk, das Hilfswerk, VinziRast und die Volkshilfe.
Mutige Lösungen sind gefragt
Das alles klingt ziemlich kompliziert und aufwendig. Ist es auch, gibt Vereinsobmann Michael Reiter zu – doch das dahinterliegende Ziel, nämlich die Vernichtung von gebrauchsfähigen Waren zu verhindern, erfordert mutige Lösungen, die manchmal mühsam sind. Hier kämpft man gegen alteingespielte Prozesse, die sich in Firmen sowie auch in den Köpfen der einzelnen Menschen eingespielt haben.
Kommunale Umwelt- und AbfallberaterInnen kennen das sicher: Oft braucht es lange, intensive Überzeugungsarbeit an strategischen Stellen, um Projekte in die Umsetzung zu bringen und etwas ins Rollen zu bringen – für Umwelt und Mensch. Um Ressourcenschonung umzusetzen, müssen wir oft raus aus unserer Komfortzone. Für SpenderInnen bedeutet das auch manchmal einen Mehraufwand gegenüber der „Variante Mülleimer“. Doch einer, der sich lohnt, zeugt er doch von sozialem und ökologischem Engagement – und das kommt letztlich auch der Firma zugute und kann wiederum der KundInnenbindung dienen.
Vielleicht kennen Sie in Ihrer Gemeinde Firmen, die sich für das Konzept der Fairmittlerei interessieren könnten und bereit sind, ihre Ausschussware für einen guten Zweck zu spenden. Dann würden wir uns freuen, wenn Sie einen Kontakt herstellen.
„Eine Welt, in der bisher ungenutzte Ressourcen zu sozialer Gerechtigkeit beitragen“ ist die Vision der Fairmittlerei – sie verknüpft soziale mit ökologischen Anliegen. Im Bereich der Lebensmittelverschwendung gibt es mit der Initiative „Lebensmittel sind kostbar“ des BMNT – eine Kampagne, die breitenwirksam Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt. Eine ähnliche Aktion würde sich auch gut im Bereich der Gebrauchswaren, etwa Hygieneartikel, anbieten.
Mehr Infos …
Kurzfassung der Fairmittlerei-Studie des Österreichischen Ökologie-Instituts und Pulswerk
Initiative „Lebensmittel sind kostbar“ des BMNT
VABÖ-News: BMNT: Sorgsamer Umgang mit Lebensmitteln von klein auf