SRU stellt neue Veröffentlichung zur Diskussion
Suffizienz oder „Strategie des Genug“ – Wie uns Genügsamkeit in eine nachhaltigere Zukunft bringt
In Sachen Klimaschutz stehen sich derzeit zwei Extreme gegenüber: Einerseits führt der übermäßige menschliche Ressourcenverbrauch dazu, dass immer mehr elementare planetare Belastungsgrenzen überschritten werden. Andererseits haben viele Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Energie und Ressourcen. Eine allübergreifende Einschränkung und Reduzierung würde also auf lange Sicht die Ungerechtigkeiten nur verstärken. Daher legen immer mehr Expert:innen ihre Hoffnungen in eine neue Idee: Suffizienz, oder die „Strategie des Genug“. In einem neuen Paper legt der deutsche SRU – Sachverständigenrat für Umweltfragen – nun 16 Thesen vor, die Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zur Diskussion einladen sollen.
Wie viel ist „genug“? Diese Frage stellt nun der deutsche SRU – Sachverständigenrat für Umweltfragen – zur Diskussion und bezieht sich damit auf den allgemeinen Ressourcenverbrauch in der Gesellschaft. Es ist eine Frage, die immer dringlicher wird: Ökologische Krisen schreiten weltweit mit besorgniserregender Geschwindigkeit voran. Die Mehrheit der elementaren planetaren Belastungsgrenzen ist überschritten. Wie also kann das Ruder noch herumgerissen werden? Eine Strategie, auf der nun viel Hoffnung liegt, heißt „Suffizienz“ – ein lang etabliertes Konzept in den Umweltwissenschaften. Die Strategie grenzt sich ab von Effizienz (weniger Input je Output) und Konsistenz (umweltgerechterer Input).
Worum geht’s? Das Konzept von Suffizienz
Im Unterschied dazu verfolgt das Konzept der Suffizienz einerseits das Ziel, die Outputs bei ökologisch kritischen Gütern und Dienstleistungen absolut zu reduzieren. Der Ressourcenverbrauch in diesen Bereichen soll also von der Gesellschaft bewusst selbst eingeschränkt werden.
Hinzu kommt ein zweiter Faktor: Bei dem Konzept steht auch die soziale Gerechtigkeit im Fokus. Das Ziel von Suffizienz ist es, sicherzustellen, dass jeder Mensch genügend Zugang zu natürlichen Ressourcen hat. So kann „genug“ für Personen, die in Armut leben auch „mehr“ bedeuten. „Weniger“ erfordert, dass Gruppen, die ressourcenintensiv leben, aktiv an alternativen, nachhaltigeren Strategien arbeiten, um langfristig den Ressourcenverbrauch zu senken.
Im Diskussionspapier des SRU heißt es dazu:
„In diesem Sinne zielt Suffizienz darauf ab, umweltbelastende Aktivitäten so zu reduzieren, dass die ökologische und klimatische Stabilität gesichert und damit die Freiheit und Teilhabe aller Menschen besser ermöglicht werden können.“
Umsetzung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene
Obwohl Suffizienz oft als individuelle Lebensstilfrage diskutiert wird, sind sich die Herausgeber:innen des Diskussionspapiers einig: Ein solch weitgreifendes Konzept wirklich nachhaltig zu etablieren liegt in der gemeinsamen gesellschaftlichen und politischen Verantwortung. Nur wenn die dementsprechenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine umweltschonende gesellschaftliche Praxis geschaffen werden, kann das Konzept der Suffizienz flächendeckend in das alltägliche Leben integriert werden.
Suffizienz als Schlüsselfaktor auch in der Kreislaufwirtschaft
Auch eine ambitionierte Kreislauwirtschaft setzt Suffizienz als Grundkonzept voraus. Um innerhalb ökologischer und sozialer Grenzen zu wirtschaften, muss der globale und nationale Rohstoffbedarf stark verringert werden, wie dies auch die Kreislaufwirtschaftsstrategie der österreichischen Bundesregierung fordert – mit konkreten quantitativen Zielen: Reduktion des österreichischen Materialfußabdruckes um 80% bis 2050.
Insbesondere die Primärrohstoffnutzung wird in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft deutlich reduziert. Stattdessen werden langlebige, kreislauffähige Produkte und gebaute Infrastrukturen gestaltet, die möglichst lange verwendet werden können, um erneuten Ressourcenverbrauch durch Neuproduktionen zu vermeiden. Denn grundsätzlich gilt: Recycling allein reicht nicht aus. Es braucht umfassende Maßnahmen wie „Refuse“, „Rethink“ und „Reduce“ sowie Anreize für weniger Konsum und bessere Produktgestaltung und deren Wettbewerbsfähigkeit. Eine strategische und verbindliche Ausrichtung auf Ökodesign und zirkuläre Geschäftsmodelle ist entscheidend.
Welche weiteren Aspekte das Konzept von „Suffizienz“ umfasst und welche Potentiale sich in dem Feld ergeben, gibt’s im Diskussionspapier des SRU nachzulesen >>