Christian Pladerer, Österreichisches Ökologie-Insitut

Nachhaltigkeitsagenda der Getränkewirtschaft:
Verpflichtungen für Mehrweganteil fehlen

Die zahnlose Nachhaltigkeitsagenda der Getränkewirtschaft wurde bis 2030 verlängert und damit wieder eine Chance vertan, Abfälle zu vermeiden und unser Klima zu schützen. Im Sinne des Klima- und Umweltschutzes und zur langfristigen Unterstützung und Absicherung der regionalen Mehrwegabfüller ist eine kontinuierliche Steigerung der Mehrwegquote im Getränkesektor anzustreben, eine Stabilisierung ist bei weitem zu wenig. Eine Stellungnahme von Christian Pladerer, Österreichisches Ökologie-Institut.

Obwohl Abfallvermeidung der oberste Grundsatz im europäischen Abfallrecht ist, fallen in Österreich jährlich über vier Milliarden Getränke in Dosen, Einwegflaschen und anderen Wegwerfverpackungen als Abfall an. Die umweltfreundliche Mehrweg-Pfandflasche wird immer mehr aus den Regalen der Supermärkte verdrängt. Seit dem Beginn der freiwilligen Selbstverpflichtung von Industrie und Handel zur Förderung von Mehrwegflaschen ist der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen dramatisch gesunken, von rund 60 Prozent auf 20 Prozent, und befindet sich damit auf einem historischen Tiefstand, wobei selbst diese Mehrwegquote fast ausschließlich vom Getränkeangebot der Gastronomie getragen wird. Im Lebensmitteleinzelhandel besteht hingegen de facto keine Wahlfreiheit für Konsumentinnen mehr. Fast nur bei Bier und im geringen Maß bei Mineralwasser bietet der Handel noch umweltfreundliche Mehrweg-Alternativen. Dieser Negativtrend schadet unserer Umwelt, denn im Gegensatz zu der Mehrweg-Glasflasche, die bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden kann, landet die Einwegflasche, egal ob aus Plastik oder Glas direkt im Müll. Die Fakten sind eindeutig: Mehrwegflaschen vermeiden nicht nur Abfall, sondern sparen auch Energie, Rohstoffe, schützen unser Klima und sichern Arbeitsplätze in Handel und Getränkewirtschaft.

Österreichs Bundespolitik setzt seit der Aufhebung der rechtlichen Vorgaben zum Schutz von Mehrwegverpackungen nach wie vor auf freiwillige Vereinbarungen wie jene der aktuellen „Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen 2018-2030“. Dieser freiwilligen Vereinbarung fehlt es an verbindlichen Sanktionsmaßnahmen, sie kann nur als erster Schritt in Richtung einer gesetzlichen Regelung angesehen werden.

Die Umweltorganisationen ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung, WWF Österreich, GLOBAL 2000, Österreichisches Ökologie-Institut, „die umweltberatung“ Wien, RepaNet und VABÖ haben sich im Sommer 2017 in einem offenen Brief an den Umweltminister gewandt und vorgeschlagen, dass eine Steigerung des Mehrweganteils als ziffernmäßiges Ziel Eingang in die neue Nachhaltigkeitsagenda finden soll und eine Kennzeichnungspflicht der Getränkegebinde, um den KonsumentInnen eine klare Unterscheidbarkeit zwischen Einweg- und Mehrweggebinden zu ermöglichen. Da leider diese Mindestanforderungen für eine ernst zu nehmende Selbstverpflichtung der Getränkewirtschaft nicht erfüllt sind, halten wir – das Österreichische Ökologie-Institut – an unserer Forderung fest, dass das in Kooperation mit dem BMLFUW erarbeitete ÖkoBonus-Modell oder vergleichbare rechtlich verbindliche Maßnahmen mit konkreten und sanktionierbaren Zielen zur Sicherung und zum Ausbau von Mehrweggebinden in Österreich umgesetzt werden sollen.

Zum offenen Brief Mehrweg geht es hier …

Infos zur Nachhaltigkeitsagenda für Getränkeverpackungen 2018-2030 gibt es hier …