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Paper mit Empfehlungen des EEB:
Ökologische und soziale Verantwortung im ICT-Sektor verankern

Wie lässt sich die Kluft zwischen der Arbeit an der Verbesserung der Zirkularität von Smartphones, Laptops und Co. und der Auseinandersetzung mit sozialen Aspekten in den Lieferketten überbrücken? Ein Paper des Europäischen Umweltbüros liefert Empfehlungen an die europäische Politik.

Unsere moderne Gesellschaft baut auf den Einsatz von Produkten der Kommunikations- und Informationstechnologie wie Laptops, Tablets oder Smartphones. 2018 waren etwa 7 Milliarden ICT-Geräte weltweit im Umlauf. Bis 2025 wird ein Anstieg auf 75 Milliarden erwartet – das sind über zehn Mal so viele in weniger als 10 Jahren. Die Problematik der meist ökologisch und sozial leider alles andere als nachhaltigen und fairen Rohstoffbeschaffung ist hinlänglich bekannt und wird in Österreich u.a. von der Arbeitsgemeinschaft Rohstoffe thematisiert – mit dem Ziel, Importländer wie Österreich in die Verantwortung zu ziehen, was die Konsequenzen des eigenen „Rohstoffhungers“ in den Ländern, aus denen die Rohstoffe bezogen werden, betrifft.

Der neue Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft (CEAP)4 hat mehrere Initiativen angekündigt, die auf den ökologischen Fußabdruck von ICT-Geräten abzielen. Leider ist nicht klar, wie diese Initiativen einige der sozialen Probleme in der Lieferkette dieses Sektors angehen werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass beim Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft die sozioökonomischen Auswirkungen sowohl in Europa als auch darüber hinaus nicht vernachlässigt werden. Deshalb hat das Europäische Umweltbüro (EEB) Ende Juni das Paper „Towards a socially sustainable and circular ICT sector“ veröffentlicht. In die Erarbeitung des siebenseitigen, kompakten Dokumenst haben sich auch das Re-Use- und Reparaturnetzwerk Österreich RepaNet und seine europäische Dachorganisation RREUSE eingebracht.

Konkrete Empfehlungen

Nach einer Übersicht über die einzelnen Bereiche der Lieferketten (von Rohstoffabbau bis Waste Management/End of Life) und einer Analyse der bestehenden Gesetzgebungen und Initiativen zu Sorgfaltspflichten, Kreislaufwirtschaft und Produktpolitik werden die Herausforderungen diskutiert und Empfehlungen gegeben. So wird etwa eine übergreifende obligatorische Sorgfaltspflichtgesetzgebung auf europäischer Ebene dringend empfohlen – um Mindestanforderungen an Unternehmen festzulegen, die in der EU tätig sind. Darüberhinaus sollten Hersteller und Importeure dazu ermutigt werden, über die Mindestanforderungen hinauszugehen. Öffentliche und Firmenbeschaffung kann insbesondere dazu verwendet werden, Kriterien für soziale Verantwortung in Ausschreibungen festzulegen. Weitere spezifische Möglichkeiten bestehen in bevorstehenden Rechtsvorschriften wie der Entwicklung des Rechtsrahmens für Batterien oder auch in der Erweiterung und Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie.

Aufgrund fehlender verfahrenstechnischer Regelungen wird in den meisten europäischen Mitgliedstaaten, so auch in Österreich, die Vorbereitung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten für die Wiederverwendung nicht durch EPR-Systeme finanziert. Dies muss korrigiert werden, um diese ungerechte Verteilung der finanziellen Unterstützung zwischen E(A)G-Wiederverwendungs- und Recyclingaktivitäten zu beenden. Durch die Sicherung eines Teils der EPR-Gebühr für sozialwirtschaftliche Re-Use-Betriebe (wie es in Frankreich der Fall sein wird) oder durch die Verpflichtung der lokalen Behörden, gebrauchte Güter von diesen zu kaufen, könnte zusätzlich ein sozialer, regional hochwirksamer Mehrwert geschaffen werden und die Entwicklung lokaler Aktivitäten zur Wiederverwendung von Elektronik gefördert werden.

Der VABÖ empfiehlt seinen LeserInnen die Lektüre des EEB-Papers. Es bietet einen guten Überblick über die Herausforderungen und Möglichkeiten, die Europa bevorstehen und kann als wertvolle theoretische und politische Grundlage für die künftige Arbeit und Zusammenarbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft mit politischen EntscheidungsträgerInnen dienen.

Mehr Infos …

Paper: „Towards a socially sustainable and circular ICT sector“

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