Elektroauto beim Aufladen, E-Mobilität, nachhaltige Mobilität Copyright: Andersen EV auf Unsplash

Studie der TU-Wien:
Die Zukunft des Autofahrens: Warum weniger mehr ist

Eine Studie der TU-Wien zeigt, dass die Elektrifizierung des Verkehrs allein nicht reicht, um den Rohstoffverbrauch zu senken. Entscheidend sind kleinere Autos, weniger Fahrten – und ein Umdenken in unserer Mobilität.

Die Mobilitätswende gilt als Schlüssel zur Klimaneutralität. Elektroautos sollen den CO₂-Ausstoß im Verkehr drastisch senken und fossile Brennstoffe überflüssig machen. Doch eine neue Studie der TU Wien, erstellt im Rahmen des Projekts „Mobilität in der 7-Tonnen-Zukunft“ der Arbeitsgemeinschaft Rohstoffe, zeigt: Die Umstellung auf E-Mobilität löst zwar ein Problem – schafft aber neue.
Denn während Elektroautos kein Benzin mehr verbrennen, steigt ihr Bedarf an kritischen Metallen wie Lithium, Nickel, Kobalt oder Kupfer massiv an. Diese Rohstoffe sind nicht unbegrenzt verfügbar und ihr Abbau geht oft mit Umweltzerstörung, Wasserverbrauch und Menschenrechtsverletzungen einher.

Vier Wege in die Zukunft

Wie kann also der Weg in eine wirklich nachhaltige Zukunft aussehen? Das Forschungsteam um Barbara Laa und Ulrich Leth hat vier mögliche Zukunftsszenarien für den Pkw-Verkehr in Österreich bis 2050 modelliert – vom heutigen Trend bis hin zu einem echten Mobilitätswandel.

  • Referenzszenario: Der aktuelle Trend setzt sich fort – mehr Autos, mehr Fahrleistung. Zwar fahren bis 2035 alle Neuwagen elektrisch, doch der Gesamtrohstoffbedarf bleibt hoch. Die Fahrleistung (die zurückgelegten Fahrzeug-km) steigt im Vergleich 2025 um 16% bis 2050 an.
  • Green Growth: Die Neuzulassungen von E-Pkw steigen im Vergleich zum Referenzszenario rascher an. Dieser Anstieg geht jedoch nur auf zusätzliche E-Pkw zurück, die Entwicklung von Neuzulassungen fossiler Pkw ist dieselbe wie im Referenzszenario, was am Ende sogar zu Rebound-Effekten und erhöhter PKW-Nutzung führen kann. Der aktuelle Trend zu größeren Fahrzeugen setzt sich fort.
  • Transition 2040: Ab 2040 werden quasi nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge verfügbar sein, welche mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Österreich betrieben werden. Es ist zudem eine Veränderung im Mobilitätsverhalten wahrzunehmen: Individueller PKW-Verkehr wird reduziert, kleinere Fahrzeuge werden gekauft, die Anteile des öffentlichen Verkehrs und der aktiven Mobilität (Fuß- und Radverkehr) steigen.
  • Suffizienz-Szenario: Weniger Autos, kleinere Fahrzeuge, viel Recycling – und ein anderer Lebensstil. Dieses Szenario sieht die größte Veränderung im Mobilitätsverhalten vor: Die mit dem Pkw zurückgelegten Kilometer reduzieren sich im Vergleich zu 2025 um 22% im Jahr 2050. Dafür werden umfangreiche Maßnahmen gesetzt, wie etwa Ausbau des öffentlichen Verkehrs in ganz Österreich, die Attraktivierung der aktiven Mobilität, Raumplanung für kürzere Wege und restriktive Maßnahmen für den Pkw-Verkehr.

Lithium als Gradmesser

In der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Szenarien wird klar, dass der Rohstoffbedarf in einigen Fällen immer noch viel zu hoch bleibt. Besonders deutlich zeigt sich der Unterschied beim Lithiumverbrauch:
Im Referenz-Szenario werden bis 2050 rund 44.000 Tonnen benötigt. Das „Green Growth“-Szenario steigert den Bedarf sogar auf 56.000 Tonnen, während das „Suffizienz“-Szenario den Wert auf 24.000 Tonnen halbiert.

Die Lehre daraus: Es reicht nicht, alte Autos durch elektrische zu ersetzen. Es müssen weniger und leichtere Fahrzeuge genutzt werden – und öfter Bus, Bahn oder Rad. Dafür sind klarerweise Maßnahmen seitens der Politik notwendig, um diese Alternativen attraktiver und so niederschwellig wie möglich zu machen.

Ressourcenwende statt nur Antriebswende

„Ein optimales Szenario, das die Elektrifizierung bei gleichzeitiger Verringerung des Fahrzeugbestands schafft, würde beide Herausforderungen – Klimaneutralität 2040 und Rohstoffverbrauch – gleichermaßen adressieren.“, so die Autor:innen.
Erst wenn sich das Mobilitätsverhalten ändert – also weniger Autos gebaut, gekauft und gefahren werden –, lassen sich die Folgen für Umwelt und Gesellschaft wirklich begrenzen. Recycling spielt dabei eine zentrale Rolle: Hohe Rückgewinnungsquoten für Batterien können den Primärrohstoffbedarf deutlich senken. Österreich liegt hier schon weit vorne – laut VCÖ wurden 2021 bereits 97 Prozent der E-Auto-Batterien recycelt.

Politik ist gefordert

Die Studie betont, dass es gezielte politische Steuerung braucht, um Rebound-Effekte zu verhindern, etwa wenn günstiger Strom zu mehr Autofahrten führt. Maßnahmen wie Road Pricing, Parkraumbewirtschaftung und der Ausbau nachhaltiger Mobilität sind entscheidend, um den Pkw-Bestand zu verringern.
Nur wenn weniger und kleinere Fahrzeuge auf den Straßen sind, Österreich konsequent auf Kreislaufwirtschaft setzt und der öffentliche Verkehr gestärkt wird, ist das Ziel einer „7-Tonnen-Zukunft“ – also maximal sieben Tonnen Materialverbrauch pro Person und Jahr – erreichbar.

Fazit: Mobilität neu denken

Die Zukunft des Autofahrens entscheidet sich nicht nur am Ladekabel, sondern auch in den Köpfen der Verbraucher:innen. Weniger Besitz, mehr Teilen. Weniger Straße, mehr Schiene. Denn: Die nachhaltigste Ressource ist die, die gar nicht verbraucht wird.