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Mehrwegquoten und Einwegpfand:
AWG-Novelle kann einige Ergänzungen vertragen

Der Entwurf der AWG-Novelle ist da. In das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz haben Mehrwegsysteme Eingang gefunden – doch geht es wirklich weit genug?

Das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) ist aus dem Jahr 2002 (zur aktuell gültigen Fassung). Um das europäische Kreislaufwirtschaftspaket auf nationaler Ebene umzusetzen, muss es novelliert werden; der lang erwartete Ministerialentwurf dazu liegt nun vor. Wir betrachten näher jene Maßnahmen, die hinsichtlich Pfandregelungen und Mehrwegverpackungen vorgesehen sind.

Mehrwegsysteme: es geht ambitionierter

Unter §14a und §14b findet man in der Novelle „Maßnahmen zur Reduktion von Einwegkunststoff-Verpackungen“ (S.13-14 des Gesetzestextes). Der Ausbau von Mehrwegsystemen soll gefördert, verbindliche Vorgaben dazu sollen verankert werden. Dieses Bemühen ist zu begrüßen, wie auch DIE UMWELTBERATUNG in ihrer Stellungnahme zum Entwurf festhält. Jedoch weist diese auch darauf hin, dass Vorgaben sich anstatt auf das Angebot auf das tatsächlich verkaufte Getränkevolumen beziehen müssen, um wirksam zu sein. Dies unterstreicht auch das österreichische Ökologie-Institut in seiner Stellungnahme. Denn sonst sei zu befürchten, dass das Mehrwegangebot auf höherpreisige Nischenprodukte beschränkt bleibe – und eben nicht Mainstream werde, wie es jedoch nötig ist, um eine ökologische Wirkung zu erzielen. Ebenso müsse geklärt werden, so DIE UMWELTBERATUNG, ob die Vorgaben vom Einzelhandel laufend erfüllt werden müssen oder pro Berichtsjahr. Zentral ist auch die Ergänzung einer Rücknahmeverpflichtung für den Lebensmitteleinzelhandel. Als Zielvorgaben im Gesetzestext sollen die Quoten aus Gewesslers 3-Punkte-Plan übernommen werden (2023: 25%, 2025: 40%, 2030: 55%), anstatt nur in den Erläuterungen zur Novelle lediglich eine 25%ige Mehrwegquote für 2025 anzusetzen.

Bezüglich der Strafen schlagt das Ökologie-Institut vor: „Die vorgesehene Prüfung einzelner Filialen durch das BMK wäre äußerst zeit- und kostenintensiv. Stattdessen schlagen wir vor eine Abgabe bei Verfehlung der verbindlichen Mehrwegquoten einzuheben. […] Die Höhe der Abgabe ist so festzulegen, dass dadurch eine echte Steuerungswirkung entstehen kann und dadurch ein spürbarer finanzieller Anreiz für Mehrweg gegeben ist.“

Eine Kennzeichnung von Einweg- bzw. Mehrwegverpackungen müsse zudem zusätzlich zum Point of sale (§13q) am Produkt erfolgen, um auch außerhalb des Verkaufsortes eine klare Zuordnung zu ermöglichen. Das Ökologie-Institut präzisiert diese Forderung in seiner Stellungnahme und nennt „verpflichtende, einheitliche, leicht erkennbare Zeichen auf den Getränkegebinden“.

Mit Blick nach Deutschland, wo eine entsprechende Gesetzesnovelle durchgesetzt wurde (siehe VABÖ-News), fordern DIE UMWELTBERATUNG und das Ökologie-Institut auch für das österreichische AWG die Einführung eines Mehrweg-Gebots für Take-Away-Verpflegung, um auch in diesem Bereich Verpackungsabfälle wirksam zu reduzieren.

Pfandsysteme: endlich gesetzliche Pfandregelung verankern!

Unter den Mindestzielen der Abfallvermeidungsmaßnahmen werden unter §9 Abs. 14 (S.6 im Gesetzestext) Pfandeinhebungen genannt: „[…] den Anfall von Abfällen beim Letztverbraucher so gering wie möglich zu halten zB durch Vertriebsformen, durch Rücknahme- oder Sammel- und Verwertungssysteme oder durch Pfandeinhebung“. Auch im Anhang 1b (S.28) finden sich unter Beispielen für wirtschaftliche Anreizinstrumente „Pfandsysteme und andere Maßnahmen zur Förderung der effizienten Sammlung gebrauchter Produkte und Materialien“. Grundsätzlich zu begrüßen, wären anstatt dieser recht allgemeinen Referenzierung jedoch konkrete Maßnahmen oder Schritte wünschenswert und auch angebracht – wie von vielen Umweltorganisationen, u.a. Global 2000, seit langem gefordert.  So merkt DIE UMWELTBERATUNG in ihrer Stellungnahme an: „Die Einführung eines EinwegPfandes muss raschest auf den Weg gebracht werden, um die [EU-] Zielvorgaben zeitgerecht zu erreichen.“ Das österreichische Ökologie-Institut in seiner Stellungnahme: „Wir schlagen die gesetzliche Pfandregelung auf Einweg-Getränkeverpackungen in Höhe von mindestens 30 Cent direkt im AWG vor und die Einrichtung einer unabhängigen Koordinierungsstelle und eines unabhängigen Monitorings.“

WKO bremst Ökologisierung

Abschließend wollen wir noch einige Punkte der Stellungnahme der WKO entkräftigen. Hier klingen andere Töne an: Die Wirtschaftskammer spricht von „verfassungsrechtlichen Bedenken“ hinsichtlich einer Angebotsverpflichtung für Mehrwegverpackungen. Ebenso sei es manchen Verkaufsstellen „aus Platzgründen“ nicht möglich, die (wie oben angemerkt) ohnehin zu niedrigen Quoten zu erfüllen – da sich die Verpflichtung ohnehin nur auf Handelsstellen ab 400 m2 bezieht, ist dieses Argument jedoch haltlos.

Ebenso zu vernachlässigen ist die von der WKO genannte Befürchtung, bei zu geringer Inanspruchnahme des Angebotes würde die Menge der anfallenden Lebensmittelabfälle gesteigert. Denn das allgemeine Überangebot an (oft in Einwegverpackungen) Lebensmitteln im Handel ist ein Problem für sich; die Einführung einer ökologischeren Verpackungsvariante würde dazu keinesfalls beitragen. Würde sich zudem wie von der UMWELTBERATUNG und dem Ökologie-Institut gefordert die Quote auf den Absatz beziehen, würde die daraus resultierende Attraktivierung des Mehrwegangebots auch zum nötigen Kauf der Produkte durch die Kund*innen führen.

Greenpeace-Umfrage: Zustimmung der Österreicher*innen zu Pfandsystem & Mehrwegquoten

So hat erst vor kurzem eine repräsentative Umfrage von marketagent im Auftrag von Greenpeace die überwältigende Zustimmung der Menschen in Österreich zu einem Pfandsystem und verpflichtenden Mehrwegquoten gezeigt. Darin forderten 87 Prozent fordern, dass der Großteil der Getränke bis 2030 in wiederverwendbaren Mehrweg- statt Einwegflaschen abgefüllt ist. Sogar 91 Prozent der Befragten geben an, dass sie Mehrwegflaschen (Glas oder PET) kaufen würden, sobald diese verstärkt angeboten werden.

Der VABÖ schließt sich den von der UMWELTBERATUNG und dem Ökologie-Institut vorgebrachten Stellungnahmen an. Inwiefern diese in die finale Fassung Eingang finden, werden wir wiederum hier in den VABÖ-News berichten.

Mehr Infos …

AWG – Ministerialentwurf (Website Parlament)

Direkt zum Gesetzestext der AWG-Novelle

Zur Stellungnahme des Österreichischen Ökologie-Instituts (pdf)

Zur Stellungnahme der UMWELTBERATUNG (pdf)

Zur Stellungsnahme der WKO

Presseaussendung Greenpeace: 87% der ÖsterrreicherInnen fordern Umsetzung von Pfand und Mehrwegquoten für Getränkeflaschen (APA-OTS)

RepaNews: Re-Use prominent im EU-Kreislaufwirtschaftspaket 2.0

VABÖ-News: Gewesslers 3-Punkte-Plan gegen die Plastikflut

VABÖ-News: Deutsche Gesetzesnovelle fördert To-Go-Mehrwegverpackungen